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Protokoll 16.3.2006
Feminismus und Widerstand Diskursführer innen:...
diskurs - 23. Mar, 13:27
Protokoll 6.3.2006
Transformation- Globalisierung Birgit Sauer, Barbara...
diskurs - 20. Mar, 21:04
Protkoll 18.3.2006
Schlussdiskussion mit Katharina Pewny, Sabine Prokop,...
diskurs - 19. Mar, 15:07

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Protokoll 16.3.2006

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Feminismus und Widerstand


Diskursführerinnen: Katharina Pewny, Alexandra Weiss, Malgorzata Bujnicka, Hajnalka Bessenyei, Nita Mocanu

Abkürzungen im Text:
KP - Katharina Pewny
AW - Alexandra Weiss
MB - Malgorzata Bujnicka
MS - Melina Seldes
HB - Hajnalka Bessenyei
DM - Dolmetsch
AUD - Publikum


--> CVs und Abstract des Vortrags am Ende des Protokolls

Autorin: Miriam Koller


Synopsis des Diskurses
Alexandra Weiss präsentiert einige Aspekte aus der Bewegungsforschung, die hinsichtlich der Frauenbewegung folgendes klarmachen: in der Forschung wird sie als kulturelle Bewegung (Beschäftigung mit der Veränderung von Lebenswelten) gesehen und so von ihren Wurzeln (der ArbeiterInnenbewegung) abgekapselt. Die Frauenbewegung wird als „Revolte im Reproduktionsbereich“ marginalisiert und findet mit ihren Anliegen auch keinen wirklichen Eingang in neue soziale Bewegunen oder NGOs. Weiss fordert eine Rückkehr zu den Thematiken der weiblichen Lebenswelten statt sich ständig differenzierender Theoriediskursen.
Die Diskussion geht auf die von Land zu Land unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten von Frauen ein, stellt eine verschleierte oder vielleicht auch wieder offensichtliche Diskriminierung fest und plädiert für eine Fokussierung der verschiedenen Blicke auf neue Kooperationen.

Alexandra Weiss presents some aspects of the research about movements, which titles the feminist movement as a cultural movement (therefore an engagement with the changes of life styles) and cuts the movement up from ist roots within the labour movement. The feminist movement is being marginalized as a revolt of the reproductional sphere and doesn't encroach upon the new social movements or NGOs. Weiss calls for a return to the topics of female circumstances of living. The discussion talks on the nationally different possibilities of female action and locates a new hidden and somtimes even obvious discrimination. Finally the discussion pleads for a focusing of the different approaches and new cooperations.



Protokoll des Vortrages

KP: Begrüßung.
We have a large english speaking croud here today, welcome.
Heute ist auch eine Fotografin für die Dokumentation hier.
Alexandra Weiss wird heute den theoretischen Input bringen, auch im Gespräch mit der Künstlerin Malgorzata Bujnicka
Der Input ist heute zum Thema Feminismus und Widerstand.
Bevor wir inhaltlich einsteigen, möchte ich den bisherigen Diskurs zusammenfassen.
Schön wäre es, wenn wir am Samstag auch gemeinsame Perspektiven entwickelt haben: gegenderte Budgets, es war auch schon das european off-theatre-network im Gespräch, gestern kam wieder vermehrt die Frage nach Widerstand in der Kunst, auch unter Einsatz des eigenen Körpers.
Heute wird es auch um Globalisierungskritik gehen, ich freue ich auf deinen Vortrag, Alexandra.

Text der Vortragenden

AW: Ich beschäftige mich in meinem Vortrag mit drei Aspekten:
1.mit der Verortung von weiblichem Widerstand in der Forschung, konkret in der Bewegungsforschung;
2.mit feministischer Politik in der globalisierungskritischen Bewegung; und
3.mit den gegenwärtigen politischen Bedingungen für Feminismus und Widerstand im Neoliberalismus

Feminismus und Widerstand
1. Geschlecht und Geschlechterverhältnisse in sozialen Bewegungen
Geschlecht ist die vernachlässigte oder vergessene Kategorie sowohl in der Praxis sozialer Bewegungen als auch in der Forschung über soziale Bewegungen. Die Forschung über soziale Bewegungen hatte seit den 1970ern bis zur ersten Hälfte der 1990er Jahre eine Hochzeit, um dann von der NGO-Forschung abgelöst zu werden. Seit ein paar Jahren findet – im Zusammenhang mit der globalisierungskritischen Bewegung – ein Aufschwung der Bewegungsforschung statt.

Die Theoretisierung von Geschlechterverhältnissen als Nebenwiderspruch in linken Theorien fand entsprechenden Niederschlag in der politischen Praxis der sozialen Bewegungen, von der Arbeiterbewegung bis zur Studentenbewegung und den so genannten neuen sozialen Bewegungen. In der Bewegungsforschung fand diese Denkweise ebenfalls Eingang und drückt sich in spezifischen Begriffsdefinitionen und Typologisierungen von sozialen Bewegungen aus, die bis heute prägend geblieben sind. Zentral dabei ist die Unterscheidung der Macht- und/oder Kulturorientierung sozialer Bewegungen, die in der Forschung in unterschiedlicher Terminologie vollzogen wird. In diesem Kontext wird die Arbeiterbewegung des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts implizit als Referenzpunkt für die neuen sozialen Bewegungen postuliert. Die Arbeiterbewegung, wird dabei als typisch machtorientierte Bewegung gezeichnet, die im Sinn der Definition auf eine Veränderung im politischen und ökonomischen Bereich abzielt. Gerade deshalb wird ihr (und auch der bürgerlich-liberalen Bewegung) mehr oder weniger als einziger sozialer Bewegung grundlegende gesellschaftsverändernde Kraft zugestanden. Der Frauenbewegung und jenen sozialen Bewegungen, die – in Abgrenzung zu der alten sozialen Bewegung, der Arbeiterbewegung – als ‚Neue’ definiert werden, wird überwiegend ‚nur’ ein Abzielen auf und eine Wirksamkeit in der so genannten ‚Lebenswelt’ zugestanden; dem gemäß zeichnen sie sich vorwiegend als kulturorientiert aus. Kultur, Werte und Normen als Kampffelder gesellschaftlicher Auseinandersetzungen werden hier implizit als nachrangige Angelpunkte gesellschaftlichen Wandels angesehen.
Damit werden nicht nur Strategien der Frauenbewegungen – der alten des 19. Jahrhunderts als auch der neuen, beginnend mit Ende der 1960er Jahre – systematisch nicht erfasst und verkürzt, sondern es werden auch kulturrevolutionäre Traditionen der Arbeiterbewegung wegretuschiert. Während die Arbeiterbewegung nachträglich vereinheitlicht oder auf das vermeintlich Wesentliche (nämlich ihre Forderungen und Wirkungen in den Bereichen der Politik und Ökonomie) reduziert wird, werden die historischen Traditionslinien der Frauenbewegungen gekappt, in dem sie umstandslos den „Neuen sozialen Bewegungen“ zugeordnet und so die Frauenbewegungen des 19. Jahrhunderts ignoriert werden (vgl. Dackweiler 1998).
Darüber hinaus wird die Doppelstrategie der Frauenbewegungen – Bezug nehmend auf die doppelte Vergesellschaftung von Frauen (vgl. Becker-Schmidt 1987) – und ihre Abzielen auf die öffentliche und die private Sphäre nicht erkannt. Der herrschaftliche Geschlechtervertrag, der als Unterwerfungsvertrag identifiziert (vgl. z.B. Pateman 1994) und als Grundlage des ‚allgemeinen’ Gesellschaftsvertrages betrachtet wird, ist aber Ausgangspunkt von Analyse und Politik der Frauenbewegung. Weibliche Lebenszusammenhänge und die Unterdrückung von Frauen manifestieren sich gerade an dieser Schnittstelle von Öffentlichkeit und Privatheit und zeigen die Verschränktheit und Bedingtheit der geschlechtshierarchischen Ordnung im privaten wie im öffentlichen Raum. Die bürgerlich-patriarchale Trennung dieser beiden Sphären ist so Ausgangs- und zentraler Kritikpunkt feministischer Analyse und Politik.

Festzustellen ist also eine Abtrennung der Kultur von der Politik und der Ökonomie. War in der Praxis der alten Arbeiterbewegung die Schaffung einer Gegenkultur zur bürgerlichen Kultur noch ein zentraler Aspekt politischen Handelns und in dem Sinn die kulturelle Politik ein wichtiger Bestandteil des Klassenkampfs (vgl. Maimann 1981), so wird dieser Aspekt in der neueren Bewegungsforschung nicht mehr wahrgenommen. Hintergrund für diesen Kulturkampf war nicht zuletzt die Erfahrung verwehrter Anerkennung bzw. Missachtung. Axel Honneth betont etwa, dass auch Karl Marx die übergreifenden Zielsetzungen der entstehenden Bewegungen der ArbeiterInnenschaft am Begriff der ‚Würde’ festmacht. „[...] der Einsatz in den politischen Aktionen [hat] für die Betroffenen auch die direkte Funktion, sie aus der lähmenden Situation der passiv erduldeten Erniedrigung herauszureißen und [...] zu einem neuen, positiven Selbstverhältnis zu verhelfen“ (Honneth 1998 [1992], 256, 263).

Im Zusammenhang mit kultureller Politik bzw. der Politik um den Alltagsverstand ist auch das Konzept von der ‚Zivilgesellschaft’ und der ‚kulturellen Hegemonie’ von Antonio Gramsci zu nennen. In seiner Analyse des Scheiterns revolutionärer Kräfte in den westlichen, kapitalistischen Staaten in der Überwindung bürgerlicher Gesellschaften nach dem Ersten Weltkrieg kommt er zu dem Schluss, dass zivilgesellschaftliche Strukturen in den europäischen Staaten seiner Zeit komplexer waren als etwa in Russland. Diese qualitativ und quantitativ neuartigen Netze kultureller Tatsachen waren widerstandsfähige Strukturen, die entwickelte kapitalistische Systeme gegen revolutionäre Umbrüche stabilisierten (Votsos 2001, 64-65). „Zentrale Arena der Zivilgesellschaft“ ist dabei der Alltagsverstand. In ihm sieht Gramsci die entscheidende Instanz, die für Zustimmung oder Ablehnung einer bestimmten Politik verantwortlich ist. Jeder Kampf um die kulturelle Hegemonie in einer Gesellschaft setzt so ein Wissen über den Alltagsverstand voraus (ebd., 122-123). Die Führungsposition der herrschenden Klasse wird demnach als organische Beziehung zwischen Staat und Zivilgesellschaft analysiert, wobei die Zivilgesellschaft als Terrain der Hegemoniebildung identifiziert wird (Jehle 1994, 517, 521). Die kulturelle Sphäre ist hier also der zentrale Angelpunkt des sozialen Wandels.

Die Theorien der Bewegungsforschung ignorieren sowohl die Theorien zur kulturellen Hegemonie als auch die politischen Praxen dazu. Der Preis ist das Abschneiden, Verkürzen und Wegretuschieren von Konfliktfeldern, Forderungen und Traditionen oder Fehleinschätzungen, wie das in der Analyse der neuen Frauenbewegung als ausschließlich kulturorientierter Bewegung deutlich wird. Bewegungen werden nicht in ihrer Vielfältigkeit erfasst, sondern auf das vermeintlich Wesentliche reduziert. Was nun als wesentlich identifiziert wird, hat mit Denktraditionen und dem relativ engen Politikverständnis zu tun, dem die – überwiegend männlichen – Forscher verpflichtet sind. Der Bewegungsforscher Joachim Raschke bringt diese Haltung auf den Punkt, wenn er schreibt: „Alle großen sozialen Bewegungen sind den Weg der politischen Machterringung gegangen“ (1985, 399).
Damit scheidet die Frauenbewegung als „große soziale Bewegung“ in der traditionellen Bewegungsforschung aus. Mit ihrem weiten Politikbegriff lässt sie sich nicht in die üblichen Typologisierungen einpassen und wird daher auf ihre kulturellen Aspekte begrenzt und in diesem Sinn als „Revolte im Reproduktionsbereich“ (Roth 1987, 498) gefasst.
Diese Haltung resultiert auch aus einer Anlehnung (und Verkürzung ) an Habermas` Theorie des kommunikativen Handelns – Bezugspunkt ist die These von der Kolonialisierung der Lebenswelt. Die sich daraus herleitende Diagnose, dass sich die sozialen Bewegungen, die im Gefolge der Studentenbewegung entstanden sind, entlang von neuen Konfliktlinien im Bereich der Lebenswelt formieren muss aber in Frage gestellt werden. In Anlehnung an Habermas wird davon ausgegangen, dass der Klassenkonflikt durch sozialstaatliche Regulierungen still gelegt wurde und sich Konflikte von daher nicht mehr im Bereich der materiellen Reproduktion entzünden, sondern im Bereich der kulturellen Reproduktion, der sozialen Integration und der Sozialisation (Habermas 1981, 576). Die Verteilungsproblematik ist so nicht länger Anlass für Konflikte und politischen Protest, sondern die Wachstumskritik oder das was Habermas auch als „Grammatik der Lebensformen“ bezeichnet.
Übersehen wird hier einerseits, dass die Frauenbewegung ganz wesentlich auch die Fragen der materiellen Reproduktion, also der Verteilung problematisiert – für Frauen wurden die Fragen der Verteilung und sozialen Sicherheit eben nicht im Sozialstaat „stillgelegt“, sondern in der Ehe – und damit wurde die Frage sozialer Sicherheit für Frauen zu einer privaten Frage. Durch den proletarischen Patriarchalismus der Arbeiterbewegung wurde so ein bürgerliches Konzept verallgemeinert mit dem ein weibliches Lebensmodell einhergeht, das von einer (vormodernen) persönlichen Abhängigkeit geprägt ist. Darüber hinaus geht es der Frauenbewegung in Hinblick auf die kulturelle Reproduktion eben nicht nur um eine Grammatik der Lebensformen, die mit einem Wertewandel in der Gesellschaft zusammenhängt, sondern es geht um ganz konkrete Herrschafts- und Gewalterfahrungen von Frauen in ihrem persönlichen Umfeld.
Nun ist inzwischen davon auszugehen, dass die „Stilllegung“ der sozialen Frage im Sozialstaat passe ist und durch die Aufkündigung des Klassenkompromisses und der Rücknahme sozialstaatlicher Sicherung wieder virulent geworden ist.

2. Die globalisierungskritische Bewegung und ihre Geschlechterpolitik
Mit Ende der 1990er sind neue AkteurInnen auf der internationalen Ebene aufgetreten: die globalisierungskritische Bewegung und ihre vielfältigen Organisationen und Netzwerke. Sie widerspricht der These vom Niedergang der Öffentlichkeit, der kollektiven Aktion und des Gemeinsinns. Nachdem die 1990er Jahre mit einer Diskreditierung alternativer Gesellschaftsentwürfen begannen, waren die negativen Auswirkungen neoliberaler Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik zu Ende des Jahrzehnts unübersehbar geworden. Entstanden als Reaktion auf die neoliberale Globalisierung thematisiert diese Bewegung zentral wieder die „soziale Frage“. Spätestens seit Seattle hat die „neoliberale Globalisierung nach einer Periode kultureller Hegemonie [...] mit einer wachsenden Opposition zu rechnen“ (Andretta, della Porta u.a. 2003, 14)

Wie sieht es nun aber mit dem Einklinken feministischer Analysen und Anliegen in der globalisierungskritischen Bewegung aus?
Obwohl es an feministischen Analysen zur neoliberalen Globalisierung nicht mangelt und die neue Frauenbewegung über ausgeprägte internationale Netzwerke und Organisationen verfügt und auch auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene Strukturen über die Jahrzehnte erhalten blieben, ist ihre inhaltliche und personelle Präsenz in der globalisierungskritischen Bewegung marginal. Kritik an den Analysen, den Strategien und der Politik der Bewegung wird vielfach geäußert. Eva Kreisky konstatiert etwa: „Globalisierung erscheint als männlich gehegtes Projekt, wie auch die von GlobalisierungsgegnerInnen verwendeten Metaphern und subversiven, widerständigen Politikformen maskulinistische Akzente dokumentieren“ (2001, 151). Besonders im Zusammenhang mit den Ereignissen in Seattle vom November 1999 ist die Verwendung einer militärischen Terminologie auffällig. So sind die Proteste als „Battle of Seattle“ (die Schlacht von Seattle) auch in die Forschungsliteratur eingegangen (vgl. z.B. Andretta et al 2003; Mies 2001b). Mies zitiert in ihrer Beschreibung der Ereignisse u.a. den Vorsitzenden der us-amerikanischen Transportarbeitergewerkschaft mit dem Satz: „Heute werden wir in die Geschichtsbücher einmarschieren“ (Mies 2001b, 10). Die historische Bedeutung und die Mächtigkeit der Proteste werden v.a. mit „Kriegs-Metaphern“ unterstrichen.

Aber auch die Entwicklung der Sozialforen, in deren Mittelpunkt mehr die Diskussion von Alternativen als aktionistische Proteste stehen, zeigen deutliche maskulinistische Tendenzen. Christa Wichterich – Wissenschafterin und Aktivistin der Frauen- und der globalisierungskritischen Bewegung – stellt fest, dass „sich die Sozialforen nicht wesentlich von konventionellen politischen Orten [unterscheiden], wenn es um das Einklinken feministischer Ansätze geht“ (2003, 96). Und auch Ariane Brenssell ortet eine Abwehr von feministischen Analysen in der globalisierungskritischen Bewegung (2002, 50).
In Hinblick auf die Unterrepräsentanz von feministischen Themen auf den Sozialforen spielt einerseits die Dominanz von ressourcenstarken NGOs aus dem Norden eine wesentliche Rolle. Frauen-NGOs gehören meist nicht zu den finanziell und personell gut ausgestatteten NGOs, und wenn, dann sind es auch hier die Organisationen aus dem Norden dominant. Überdies ist nach der Serie an UN-Konferenzen und der feministischen Interventionen auf diesen Konferenzen in den 1990er Jahren unter den Frauen-Organisationen Ernüchterung hinsichtlich der Fixierung auf politische Großereignisse eingetreten. Es fand eine Re-Orientierung hin zu kontinuierlicher politischer Arbeit auf nationaler und lokaler Ebene statt (Wichterich 2000, 73). Andererseits ist es die geringe strukturelle und inhaltliche Steuerung der Sozialforen, die Fraueninteressen und Geschlechterpolitik an den Rand drängt. Anhand der Erfahrungen der letzten Jahrzehnte ist klar geworden, dass die Integration der Kategorie Geschlecht in theoretischen Überlegungen als auch in die politische Praxis von gemischtgeschlechtlichen Bewegungen nicht automatisch gelingt, sondern am ehesten als „top-down“-Strategie umsetzbar ist, in dem eben eine Steuerung von politischen Großereignissen vorgenommen wird.

So tritt das Weltsozialforum u.a. wohl gegen Sexismus (vgl. Charta der Prinzipien 2001) auf, aber nicht gegen androzentrische Analysen und politische Praxen innerhalb des Kreises der AktivistInnen. Dies zeigt sich u.a. auch daran, dass hierarchische Geschlechterverhältnisse als „Frauenfrage“ behandelt werden und Frauen undifferenziert als Verliererinnen und „Armenmasse“ der Globalisierung vorkommen. Offenbar werden diese strukturellen Probleme nicht als solche erkannt bzw. nicht bearbeitet, denn nach dem fünften Weltsozialforum schreibt z.B. Ulrich Brand, dass nach seiner Einschätzung über drei Viertel der ReferentInnen Männer waren (Brand 2005, 20). Wichterich konstatiert zwar für das WSF in Mumbai eine stärkere Präsenz und Integration von Feministinnen und der Frauenbewegung, aber „hinterrücks stellte sich wieder einmal eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung her. [...] Frauen dominierten in vielen Seminaren und Workshops, wo Grundrechte und Minderheitenrechte auf der Tagesordnung standen, wo es um den Alltag der Gewalt, Diskriminierung und Ausschluss ging, wo Basisaktivismus diskutiert wurde. Bei den Strukturdebatten waren dagegen die Podien fest in den Händen mittelalter weißer Akademiker-Männer“ (Wichterich 2004).
Weil feministische Inhalte in den Debatten an den Rand gedrängt werden, bildeten sich auf allen Ebenen – der transnationalen, kontinentalen und nationalen – auf denen Sozialforen veranstaltet werden, eigene Frauen-Plena heraus (vgl. Wichterich 2003b). Folge dessen ist, dass zwar mehr Sichtbarkeit erreicht wird, zugleich haben Frauen aber einmal mehr die doppelte Arbeit, da sie sich neben bzw. nach dem Veranstaltungs-Marathon der Sozialforen noch zu gemeinsamen Reflexionen treffen, Mängel diskutieren, Forderungen ausarbeiten und einbringen etc.

Vor dem Hintergrund, dass die neue Frauenbewegung inzwischen auf eine ca. 35- bis 40-jährige Geschichte zurückblicken kann und im Verhältnis zu anderen Bewegungen, die in den 1960er/1970er Jahren (wieder) entstanden, als kontinuierlichste soziale Bewegung erscheint, ist die Resistenz der globalisierungskritischen Bewegung gegen feministische Inhalte doch erstaunlich. Es scheint bisher nur dazu geführt zu haben, dass die Verurteilung von Sexismus obligatorisch in die Dokumente der Sozialforums-Bewegung aufgenommen wurde (vgl. World Social Forum 2004) und auf formaler Ebene eine Diskriminierung von Frauen vermieden wird. Eine kritische Reflexion eigener Denkweisen und politischer Praxen ist dem noch nicht gefolgt.

Die Artikulation der „soziale Frage“ ist bisher in den altbekannten androzentrischen Denkmustern verhaftet geblieben. Schon zu Beginn der 1980er Jahre stellte der Soziologe Adolfo Paramio fest, dass die Anerkennung des Feminismus der Preis für die Hegemonie alternativer Gesellschaftsentwürfe sei (1982, 141), die Resistenz gegen den Feminismus ist aber unverändert hoch geblieben. So scheint hier einerseits die linke „Tradition“ der Bewegung Geschlechterverhältnisse wiederum zum Nebenwiderspruch zu degradieren. Andererseits dürfte die neoliberale De-Thematisierung von Geschlecht auch in Bewegungszusammenhängen Wirkung zeigen.
An die Stelle einer umfassenden Politisierung von Staat, Ökonomie und Privatheit ist eine Dominanz der Ökonomie in der politischen Auseinandersetzung getreten, die frauen- und geschlechterpolitische Anliegen tendenziell marginalisiert. bzw. wiederum in „Frauengruppen“ separiert. Zentral ist dafür auch das Verständnis von Ökonomie, wie es sich in der Bewegung durchgesetzt hat. Denn feministische Analysen über den Wert von Hausarbeit und deren Bedeutung für kapitalistische Ökonomien haben in die Globalisierungskritik keinen Eingang gefunden. So wird etwa im Manifest von Porto Alegre „Zwölf Vorschläge für eine andere möglich Welt“ das Recht „auf einen Arbeitsplatz [...] unter Achtung der Gleichheit von Männern und Frauen“ (Sozialistische Zeitung, März 2005, 15) proklamiert, die unbezahlte Arbeit bzw. die – bereits in den 1970er Jahren formulierte – feministische Forderung nach einer gerechten Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit, findet aber keinen Eingang in das Dokument.

3. Widerstand und Prekarität
1. Was sind die Probleme und Bedingungen der Politisierung heute?
Um sich mit der Frage auseinandersetzen zu können, wie Widerstand heute aussehen kann, wo angesetzt werden sollte, müssen m. E. erst die Bedingungen der Politisierung beleuchtet werden. Dazu möchte ich im Folgenden ein paar Punkte aufzählen, die ich für relevant halte, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu stellen.
1) Die Konstruktion neutraler Individuen
Dass Geschlechterverhältnisse im politischen und wissenschaftlichen Mainstream ausgeblendet werden, ist nicht neu. Im Zuge neoliberaler Transformationen von Staat, Ökonomie und Gesellschaft erhält dieser Umstand aber eine neue Qualität. Die „De-Thematisierung“ von Geschlecht und Geschlechterarrangements steht im Zusammenhang mit der Konstruktion eines neutralen Individuums. Geschlecht, Klasse und Ethnie werden als Strukturkategorien aufgelöst und die aus ihnen resultierenden – zweifellos in Veränderung begriffenen – sozialen Positionierungen zum individuellen Schicksal erklärt. Auch Grenzverschiebungen zwischen Ökonomie, Politik und Gesellschaft werden nicht thematisiert. Wie diese Grenzen historisch gezogen wurden, war jedoch immer schon mit einem geschlechterpolitischen Konzept verbunden, dass dazu diente, die Unterdrückung und Diskriminierung von Frauen zu privatisieren und zu individualisieren (Veil 2001, 162).

2) Die Verschiebung gesellschaftlicher Grundwerte
Neoliberale Politik geht mit einer Verschiebung von gesellschaftlichen Grundwerten einher – und das steht in einem engen Zusammenhang mit dem materiellen Gehalt von Staatsbürgerschaft. Der fordistische Kapitalismus basierte grundlegend auf Gleichheit und sozialem Einschluss – ein Ausgleich an Macht zwischen verschiedenen Gruppen wurde angestrebt, Verhandlungsprozedere wurden institutionalisiert und die daraus resultierenden Ergebnisse oder Konfliktlösungen wurden rechtlich abgesichert. Es ist zwar offensichtlich, dass das fordistische Modell ein explizit männliches Modell war, trotzdem lieferte es Ansatzpunkte Gleichheit und Gerechtigkeit nicht nur auf das Klassenverhältnis anzuwenden, sondern u.a. auch auf das Geschlechterverhältnis auszudehnen. So kam es zu einer zunehmenden „Feminisierung“ des Gehalts bürgerlicher, politischer und sozialer Rechte (Jenson 1997, 237-238).
Im Rahmen postfordistischer Staatlichkeit kommt es nun (wieder) zu einer Fragmentierung von Staatsbürgerschaftsrechten, d.h. sie werden stärker abhängig von Faktoren wie Bildung, Einkommen, Region und Mobilität, von Ressourcen also, die entlang von Geschlecht, Klasse und Ethnie ungleich verteilt sind. Konsequenz sind Tendenzen der Spaltung und der Entsolidarisierung auf allen Ebenen der Gesellschaft (Sauer 2001, 69; Butterwegge 1999, 139-158). Die Gleichheit als Grundwert wird ersetzt durch einen individualistischen Freiheitsbegriff, der Gleichheit nicht mehr als Voraussetzung von Freiheit inkludiert. Nicht nur feministische Politik verlieren damit aber eine grundlegende Voraussetzung. Der postfordistische Staat de-legitimiert Forderungen nach Gleichheit und Gerechtigkeit und gibt seine Verantwortung dafür nach und nach auf. Die Betonung der Eigenverantwortung, die Absage an eine Vollbeschäftigungspolitik, an soziale Sicherheit für alle und die Zerschlagung des Sozialstaates als Instrument der Umverteilung sind deutliche Zeichen dafür.

3) Die Neustrukturierung der Arbeit
Die neoliberale Neustrukturierung der Arbeit geht mit einer Differenzierung der Arbeitskraft einher. Beschäftigungspraktiken sind ein Mittel (geworden), um den Status der Beschäftigten neu zu bestimmen und Spaltungen zutreiben (Jenson 1997, 240). Geschlechtsspezifische Abhängigkeiten werden dadurch verstärkt, da v.a. Frauen im Segment der der atypischen Beschäftigung zu finden sind. Geschlechtsspezifische Arbeitsmarktsegmentation wird also um das Mittel der unterschiedlichen Arbeitsverträge – mit mehr oder weniger sozialer Sicherheit – ausgedehnt. Im Zusammenhang mit der Neustrukturierung der Arbeit werden auch Spaltungen zwischen Frauen entlang von Klasse und Ethnie deutlicher. Nicht alle Frauen sind im Niedriglohn- und atypischen Segment angesiedelt, genauso wenig, wie alle Männer auf Seiten der Globalisierungsgewinner stehen. Einige qualifizierte Frauen haben den Einstieg in hochqualifizierte und hochdotierte Jobs geschafft. Da aber Frauen grundsätzlich weiterhin für den Reproduktionsbereich zuständig bleiben und sich ein Mehr an Geschlechtergerechtigkeit vorwiegend durch Auslagerung und nicht durch eine gerechte Aufteilung der Versorgungsarbeit realisiert, kommt es zur Herausbildung eines internationalen – vorwiegend weiblichen – DienstbotInnenpersonals (Young 1998, 138-139; Bakker 1997, 69; Sauer 2001, 72). Die Prekarisierung von Arbeits- und Lebensumständen geht aber nicht nur mit einer mangelnden sozialen Sicherheit einher, sondern auch mit Vereinzelung, Isolierung und der Spaltung von Gruppen.

4) Die „vollendete“ Emanzipation
In Bezug auf Geschlechterverhältnisse geht neoliberale Politik auch damit einher, dass man permanent die Rede von der vollendeten Emanzipation hören kann. Strukturelle Diskriminierungen werden negiert oder finden allenfalls noch Ausdruck in Gleichbehandlungsgesetzen oder Gender Mainstraming Richtlinien, die gerade an der Oberfläche patriarchaler Herrschafts- und Gewaltverhältnisse kratzen. Es gibt das Vorbild der „starken Frau“, die kein Opfer mehr sein will – wer will das schon? – und daher auch keiner feministischen Politik bedarf.
2. Was sind heute die Handlungsperspektiven?
Seit dem Aufkommen der neuen Frauenbewegung hat es eine Reihe von Erfolgen auf der Eben der Gesetzgebung gegeben. Angefangen von den Novellen des Strafrechtes sowie des Ehe- und Familierechtes Mitte der 1970er Jahre bis hin zum Gesetz gegen Vergewaltigung in der Ehe, Ende der 1980er, der Gleichbehandlungsgesetze Anfang der 1990er Jahre oder das Gewaltschutzgesetz Mitte der 1990er Jahre und andere mehr. Im Laufe der 1990er Jahre kam es auch zunehmend zur Austragung von geschlechterpolitischen Konflikten vor Gerichtshöfen, wie dem Verfassungsgerichtshof oder dem Europäischen Gerichtshof. Diese rechtliche Absicherung frauenpolitischer Forderungen ist aber auch zwiespältig. Das heißt nicht, dass eine Gesetzgebung in diesen Bereichen überflüssig oder gar kontraproduktiv ist. Konsequenz der rechtlichen Regelung war aber auch, dass Diskurse stillgelegt wurden, wie etwa jener über die Abtreibung bzw. Fristenlösung, die z.B. in Tirol bis heute nicht umgesetzt wurde. Die Konzentration – insbesondere seit den 1990ern – auf den rechtlichen Bereich hat zu einer Vernachlässigung der politischen und gesellschaftlichen Ebene geführt. Die Haltung zu Fragen wie etwa dem Selbstbestimmungsrecht über den Körper, Gewalt gegen Frauen oder die Geschlechtsspezifische Arbeitsteilung hat sich nur an der Oberfläche verändert. Und viele Fragen sind wieder zu „Privatangelegenheiten“ verkommen, indem Sinn, dass frau sie für sich persönlich in ihrem privaten Bereich regelt – gesellschaftliche Debatten finden zu vielen geschlechterpolitischen Themen nicht mehr statt – z.T. nicht einmal mehr innerhalb der Frauenbewegung. Das heißt auch, dass es zu einer Auf- und Abspaltung von Diskursen bzw. deren verschiedenen Dimensionen gekommen ist.

Ein weiteres Problem sehe ich darin, dass die Diskurse in der Frauenbewegung zu abstakt geworden sind und an den Lebensrealitäten von vielen Frauen vorbeigehen und sie nicht mehr erreichen können. Der Alltag von Frauen und die Widersprüchlichkeiten die sich darin ergeben, sind meines Erachtens immer noch zentraler Ausgangspunkt von Politisierung.
Diesen Weg ist ja auch die neue Frauenbewegung gegangen, die gleichzeitig ökonomische, soziale und kulturelle Forderungen artikulierte. Die Komplexität weiblicher Lebens- und Arbeitszusammenhänge zum Ausgangspunkt nehmend, wurde die Verschränktheit und gegenseitige Bedingtheit von öffentlicher und privater Sphäre sichtbar gemacht. Mit der Aufweichung dieser Grenzen im Zuge der Informalisierung, der Prekarisierung von Arbeits- und Lebensverhältnissen, treten diese Widersprüchlichkeiten auch wieder stärker zu Tage, die zum Ausgangspunkt einer Politisierung des Alltags gemacht werden können.
Gelingen kann eine Wiederherstellung der Verbindungen, indem die Zusammenhänge zwischen globaler und lokaler sozialer Ungleichheit und verwehrter Anerkennung sichtbar gemacht und kommuniziert werden. Gerade mit der zunehmenden Aufweichung der Grenzen zwischen privater und öffentlicher Sphäre im Zuge der Informalisierung und Prekarisierung von Arbeits- und Lebensverhältnissen, werden Konflikte virulenter. Die Frage ist, ob und wie sie aufgegriffen und artikuliert werden.
Die Debatte um den Arbeitsbegriff bzw. dessen Neufassung kennt man z.B. aus feministischen, linken, aber auch aus liberalen, kommunitaristischen Zusammenhängen. Da unter den Vorzeichen der Krise der Arbeitsgesellschaft, also struktureller Arbeitslosigkeit und steigenden Arbeitslosenzahlen, soziale Unruhen befürchtet werden, werden z.B. unter dem Begriff der „Bürgergesellschaft“ Maßnahmen wie das Grundeinkommen diskutiert. Wie Frigga Haug betont, haben diese Vorschläge etwas Zynisch-Bedrohliches und Fortschrittliches zugleich an sich (Haug 2000, 73), kommen viele davon doch ursprünglich aus dem links-feministischen Spektrum. Unter den gegebenen Bedingungen wurde das Grundeinkommen gerade von dieser Seite aber auch problematisiert, weil es dazu führen kann, soziale Ungleichheit und geschlechtsspezifische Arbeitsteilung fortzuschreiben. Emanzipatorische Wirkungen sind erst dann zu erwarten, wenn die Einführung eines Grundeinkommens mit allgemeiner Arbeitszeitverkürzung und Umverteilung der bezahlten als auch der unbezahlten Arbeit und einer Diskussion um die Bewertung von Frauen- und Männerarbeit einhergehen würde.

Die Trennung von Zusammenhängen war immer schon ein Instrument der Stabilisierung von Herrschafts- und Gewaltverhältnissen. In diesem Sinn muss es um eine Zusammenführung von Debatten und Forderungen gehen und auch um ein Herunterbrechen von abstrakten Diskursen auf die Ebene von Lebensrealitäten und Alltagserfahrungen. Denn Veränderungen sind m. E. nicht durch eine StellvertreterInnenpolitik zu erwarten, wie sie z.B. oft von NGOs betrieben wird, sondern nur durch eine „Demokratie von unten“ – im Sinne einer „Demokratisierung aller Lebensbereiche“ wie von den sozialen Bewegungen der 1970er und 1980er Jahre gefordert – und einer Wiederbelebung von kollektiven Strukturen.



Protokoll der Diskussion

KP: You truely open up a panorama of the political transformations.
I want to give that panorama into the discussion now.

AUD: You said that the market is open but women don't get on good positions. In Spain women have to do a double work - at home emotional work plus a job. What is the solution?

AW: Ich glaube, dass sich diese Debatte der Zuweisung der Reproduktionsarbeit kaum verändert hat: Frauen erledigen immer noch 70% der Reproduktionsarbeit, seit den 80ern verändert sich kaum etwas.
Frauen kommen zwar schon in politische Machtpositionen - und interessant dabei: oft aus konservativen Parteien.
Prinzipiell gilt die Regel: sie sind in der Politik, weil sie keine Familie haben oder schon älter sind.
Und bezüglich des Aufschwungs von konservativen Politikerinnen: ich glaube, es könnte deswegen sein, dass die linken Parteien seit ihrer Gründung mit Frauenanliegen konfrontiert und adressiert wurden und daher auch früh Abwehrmechanismen entwickelten. Das ist aber sicher nur ein Erklärungspunkt.

MS: Maybe you can only choose between: having a family or an important job.

AW: Die Bildungspolitik der 70er hat schon auch dazugeführt, dass Frauenkarrieren entwickelt werden konnten, es gab aber eben eine Differenzierung zwischen den Frauen.

MB: Die Frauen in höheren Position sind aber auch nicht alleine: hinter ihnen steht quasi ein Generalstab, der ihnen das Leben erleichtert. Die in niederen Positionen haben nicht diese Möglichkeiten, weil ihnen auch die finanziellen Ressourcen fehlen - das ist aber ein Kreislauf.

AUD: Ich glaube es kommt zu einer Verschleierung. Ich glaube nicht, dass es diese Trennung zwischen Kind und Karriere gibt. Die strukturellen Bedingungen erlauben eben nur keine Kombination von beidem.

AW: Bei uns ist ja zB wie Teilzeitarbeit in höheren Positionen kaum möglich. Das ist aber sehr kulturell bedingt.

KP: Interessant finde ich: in Deutschland gibt es die Angst, dass es zuwenig Kinder gibt. Deswegen wird jetzt auch propagiert, dass Frauen in hohen Positionen Kinderbetreuung ermöglicht wird (weil ja vor allem Akademikerinnen keine Kinder bekommen).
Es passiert aber nicht im Sinne von Frauen - sondern von Bevölkerungspolitik.
Ich denke, es ist natürlich auch wichtig, das lokal zu besprechen - also, dass wir hier klar machen, aus welchem Land und welchen Umständen heraus wir uns austauschen.

AUD: After the revolution in Romania the politics changed: because there were too less children they started to support families with money. But at the same time, there is a lack of necessary institutions like kindergarden....

MB: In Polen gibt's auch Kindergeld, aber davon kann niemand leben.

AUD: In Romania you get about 200€ - but thats more than 80% what people usually earn!

MB: In Poland you are not allowed to abort, because of the church, but women don't earn enough money for raising children, people are not well educated as well. So children die because of that, or get raised in chidren shelters.
Last year we had an exhibition which was a critical point of view but the exhibition got closed because of the criticism. You can't talk about church or politics without censorship.
Criticism is very common in art: but it is not allowed to be critical.
We have something called Women or Gender Studies and you can get information via a newspaper. So, something has happened and women start to do something on their own.

KP: What about the praxis of artists?

MB: They try do do some criticism but then galleries get closed because of that - like the one in Danzig. There is this huge impact of the christian church in Poland.
So it is very hard for artists. But of course they try to make exhibitions - and of course, in the artworld are almost men only, on universities as well.
I did an „artist in residence“ in Poland. I did a research and found out: young people make their own rooms, a mixture of theatre and gallery, its performance. They try to establish that. What is interesting and important: they are all trying to reach some new consciousness or identity.

AW: Was ich vorher vielleicht noch nicht erwähnt hab, in Hinsicht auf die von dir erwähnte Bewusstsasdfasdfist auch wichtig olitik, ist, wie sehr uns die neoliberale Politik beeinflusst hat. Wenn es zB keine kollektiven Formen mehr gibt, weil wir als einzelne Personen in prekären Arbeitsverhältnissen unser Leben stehen!
Das gilt für Wissenschaftlerinnen genauso wie für Künstlerinnen.

AUD: Ich hab eine Anmerkung dazu: bezüglich Feminismus und Widerstand. Wir sind ja von unserer Geschichte abgeschnitten und auch untereinander vertreten wir verschiedene Ansätze - auch wenn wir dasselbe wollen. Wir müssen also unsere Anliegen einfach wieder bündeln. Weil sogar auf der heurigen Frauendemo heuer war es kaum möglich, gemeinsame neue Forderungen zu formulieren, wir bleiben bei den 30 Jahre alten Parolen.

AUD: Reaktualisierung als Thema also. Wie können wir uns ermutigen, wieder handlungsfähig zu werden? Auch mit der Erinnerung an frühere Handlungsmöglichkeiten, aber auch eben Forderungen, von mir aus auch dem Humor von damals.
Ich glaube, Kooperationen sind einfach zentral.

MB: Es gibt ja zB die Uni in Frankfurt an der Oder, wo mit einer Universität in Polen zusammengearbeitet wird. Das ist ja wirklich spannend.

AUD: I have a few questions: about the discrimination - you meant it becomes more subtile. Do you have some solutions for a resistance?
You told about some studies about social movements, which are in important positions.

DM: Die NGOs haben ja auch die Position von Entscheidungsträgern, meint sie.

AW: Na ja. Eher eine beratende Funktion, nicht wirklich entscheidungstreffend.
Sie betreiben aber schon eine andere Politik, was auch die Abgrenzung von sozialen Bewegungen erfordert. So wird anders mit politischen Strukturen umgegangen.
Grad von der Frauenbewegungen wird kritisiert, dass das politische Parket auf dem sich NGOs bewegen, weiß und männlich dominiert ist. NGOs müssen sich der Logik des Systems anpassen, wenn sie in ihm agieren wollen. Es ist keine so radikale Politik wie in sozialen Bewegungen möglich.

Zu subtilen Diskriminierung: ich glaube, darum ist auch keine wirkliche Kritik vorhanden. Es ist eine größere intellektuelle Leistung notwendig, das zu durchschauen, die versteckten Sexismen etc. Es wird argumentiert „Frauen sind gleichberechtigt, sie können studieren...“, die Machterhaltungsmechanismen sind heute stärker unter der Oberfläche.
Die Reaktualisierung der Debatten ist deshalb mE auch notwendig.
Vor 5 Jahren ca. habe ich zB folgenden Artikel gelesen, über den Mythos des vaginalen Orgasmus: diese Debatte war so verschüttet, dass sie anscheinend wieder neu erfunden werden kann. So ist Sexualität zB prinzipiell ein Thema, das Privatangelegenheit wurde.

AUD: Das Schwierige daran ist ja: der Eindruck, dass wir wieder von vorne beginnen müssen. In South Dakota ist Abtreibung wieder verboten etc - wie kann der Feminismus als Bewegung in Bewegung bleiben, wenn immer wieder Backlashes passieren.

KP: Ich glaube, es funktioniert im Bereich der performativen Künste sehr wohl.
Es müsste aber die Trennung nicht mehr passieren dürfen: hier Politik, hier Kunst. Die Diskurse sollen ja wieder zusammen gedacht werden

AW: Ich glaube, wir haben alle die Probleme, dass Räume fehlen.

AUD: Die ältere Bewegung hatte ja eine ganz andere Erziehung auch zuhause. Die wollten freier sein! Die nachfolgenden Generationen mussten sich ja gar nicht mehr befreien, vom Elternhaus etc. Es braucht also einen neuen Reibebaum.

AUD: Das mit den Räumen ist entscheidend, die Frage ist auch: in welcher Form werden die Räume weggenommen bzw. können sie betrieben werden.
Ich glaube, in der Frauenbewegung gibt es so was wie eine Zyklik.
Der Wunsch sich zu befreien ist ein Motiv, der Wunsch sich zu verorten ist der andere, aktuelle Wunsch! Dadurch entstehen ja auch ganz neue künstlerische Strategien.
Ich bin auch immer wieder erstaunt über die unterschiedlichen Herangehensweisen.
Ich finde also auch die Räume wichtig, aber auch diese verstärkte bzw. auch offene Diskriminierung, die wieder passiert.
Vielleicht muss mit diesem „Würdebegriff“ wieder gearbeitet werden.

MB: Ich erlebe es als verschleierte Diskriminierung. An der Uni, in der Arbeit. Es ist keine offensichtlicher, gewalttätiger Angriff, es ist sehr viel subtiler und daher schwer greifbar, kritisierbar. Oft wird einem auch nur erhöhte Sensibilität vorgeworfen.

MS: I am a very young artist and I think we need to believe, that you have changed something. I really need to believe that you reached something and not that we have to start always new. But I keep on working anyway.
I think its important to abstract what they, former movements have done. Maybe this abstraction is our new way. It doesn't work to confront the gouvernments or people out there with the needs and feminist topics, after 50 years they're tired of it. Maybe it helps to abstract. So its important, not to repeat everything. I take things out of the context, abstract the essence and bring it back to a new context.

AW: Was ich damit sagen wollte: in Bezug auf die politische Frauenbewegung: sie muss einfach wieder mehr anknüpfen an die Bedürfnisse von Frauen.

MS: What are the needs of women in general? An argentinian woman has different needs then an austrian woman.

AW: Natürlich muss das auch auf nationaler Ebene stattfinden.
Das Wegbrechen der sozialen Dimension hat auch das Wegbrechen von Frauen aus der Bewegung bedeutet. Es wird einfach seit langer Zeit nicht mehr diskutiert.

AUD: Don't you think that happened on many levels?

AW: Of course. The socialdemocratic parties don't put the „social“ as a topic as well. : Sozialpolitische, ökonomische Forderungen waren einfach nicht mehr vorhanden: der Frauenbewegung bricht eine Basis weg, wenn sie diese Dimension nicht hereinholt.

KP: I think the ideas of what we can do together - the situations are so different but we all want the same in the end. For me its an open question - if the solution is within the artisitc context, or within networks.... I think it is important to question the „we“ anyway.

AUD: Mir gefällt das Wort „Kooperationen“ gut. Einige Themen sind gut an anderen Orten verortet - bei Gewerkschaften zB. Ich glaube nicht, dass die Frauenbewegung weg bricht, sondern dass es eine Vielzahl von Bewegtheiten gibt - es sollten also die einzelnen Blicke einfach gebündelt werden, vernetzt, und das auf längerer Ebene. Symbolisch dafür ist ja auch diese Diskursreihe, dieses Festival.

AW: Sozialpolitisch-feministische Forderungen sind glaub ich in der Frauenbewegung gut aufgehoben, nicht in den Gewerkschaften. Deshalb können wir uns dessen nicht entledigen.
Es gab immer schon Differenzierungen, auch wenn es nicht formuliert wurde. Spätestens mit dem Black Feminism sind wir uns der Unterschiede bewusst geworden. Das antirassistische Moment ist gut in der Frauenbewegung verortet, aber das soziale wird einfach ausgeblendet.
Was ich vorher auch noch sagen wollte, bezüglich der verschleierten Diskriminierung: ich glaube viele Frauen empfinden es nicht mehr als diskriminierend. Wenn ich etwas als sexistisch entlarve, wird das ja oft als anachronistisch gesehen und abgekanzelt.

AUD: Aber diese Art der Reaktion ist doch keine neue.

AW: Ich glaube schon, dass sich da was verändert hat. Frauen und Geschlechterforschung zB - in den 80ern wurde sie unterstützt, jetzt wird sie institutionalisiert und gleichzeitig ausgehungert.

AUD: Was auch fehlt ist die medizinische Betreuung von Frauen. Alles ist ja auch auf die Männer ausgerichtet - die Medikamente etc. Klassischer Fall ist die unterschiedliche Erscheinungsform von männlichem und weiblichem Herzinfarkt. Das kann sich die Frauenbewegung auch wieder mehr annehmen.



CV Alexandra Weiss
Geb. 1971, Politikwissenschafterin, derzeit Forschungsassistentin am Institut für Soziologie/Universität Innsbruck (www.uibk.ac.at/c/c4/c408/), externe Lehrbeauftragte an verschiedenen Universitäts- Instituten in Österreich und an der Fachhochschule Vorarlberg/Lehrgang Soziale Arbeit.
Forschungsschwerpunkte:
Feministische Frauen- und Geschlechterforschung; Globalisierung und die Transformation von (Sozial-)Staaten; Formierungen zivilgesellschaftlichen Protests; Wohlfahrtsregime und die Regulierung von Frauen(erwerbs)arbeit.


CV Malgorzata Bujnicka
kommt aus Gdansk, Polen.
Seit 1998 lebt sie in Wien, wo sie performative Bildhauerei bei Prof. F.X. Ölzant (1998/2001) und Prof. Angela Bulloch (2001/03) an der Akademie der bildenden Künste studierte. Diplom mit Auszeichnung bei Prof. Monica Bonvicini im Jahr 2004. In 2003 bekam sie sowohl die Prof. Mag. Art Hedwig Zens Stiftungsförderung für "Mapping Projekt", als auch ein Stipendium an der Slade School of Fine Art in London, wo sie bei Prof. Phyllida Barlow studierte.


CV Melina Seldes
Melina wurde 1981 in Buenos Aires, Argentinien geboren und beschäftigte sich schon im frühen Alter mit Performance, Tanz und Schauspiel. Mit 16 Jahren begann sie bereits während ihrer Mittelschulzeit ihr Training an der Mousike Dance and Choreography School in Buenos Aires. Sie studierte Drama, Komödie und Tragödie bei verschiedenen LehrerInnen. Im Juni 2005 graduierte sie in Arnheim, Holland (2001 - 2005). In ihren Arbeiten entwickelt sie einen bewußten Einsatz ihres Körpers. Ihr Hauptinteresse liegt im sozio-politischen Körpertheater. Melina absolviert zur Zeit ihr erstes Jahr im Meisterkurs für Körpertheater an der Universität London (Royal Holloway).


Abstract zum Vortrag von Alexandra Weiss
Geschlecht kann als die "vergessene Kategorie" sozialer Bewegungen bezeichnet werden. Sei es die Arbeiterbewegung oder die linke Studentenbewegung der 1960er, Geschlechterverhältnisse wurden zum Nebenwiderspruch degradiert, die Herrschaftsverhältnisse auch zwischen "individuellen" Frauen und Männern in der Bewegung negiert. Nun ist eine neue Bewegung - die globalisierungskritische Bewegung - nach vielen Jahren des "Stillstandes" angetreten, neoliberale Politik zu kritisieren und ihre Widersprüche zu politisieren. Zentral ist hier eine Re-Politisierung der "sozialen Frage". Zu fragen ist, ob bzw. wie in diesem Kontext Geschlechterverhältnisse als Herrschaftsverhältnisse thematisiert und politisiert werden und auf welche theoretischen Ansätze der feministischen Theoriebildung dabei zurückgegriffen werden.
Der Vortrag setzt sich aber auch mit Perspektiven feministischen Widerstandes im Kontext neoliberaler Transformation auseinander und versucht herauszuarbeiten, wo "alte Forderungen der Frauenbewegung Revisionen unterzogen werden müssen. Neoliberale Politik geht mit Entpolitisierung von Herrschaftsverhältnissen, der Individualisierung struktureller Probleme und der Konstruktion von neutralen Individuen einher - ohne Geschlecht, ohne Klasse und ohne ethnische Zugehörigkeit.
Vor diesem Hintergrund ist die Frage zu stellen, inwieweit (ehemals) emanzipatorische Forderungen im Kontext neoliberaler Ideologie eingepasst und transformiert wurden. Welche theoretischen und politischen Herausforderungen stellen sich daraus? Und: Wie kann feministische Politik darauf reagieren?

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Discourse Programme

Wednesday - March 8, 2006, 5:00 - 7:00 pm Moderation: Sabine Prokop Petra Unger: Das sichtbare Unsichtbare Feminist aspect of art and cultural intermediation in museums and in public space In dialog with Lise Skou/Denmark (This is a story of a woman who...)

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