Protokoll 6.3.2006
Transformation- Globalisierung
Birgit Sauer, Barbara Klein und Margit Niederhuber
Abkürzungen im Text:
prok- Sabine Prokop
birgit- Birgit Sauer
barbara- Barbara Klein
margit- Margit Niederhuber
au- audience
malgor- Malgorzata Bujnicka
karen- Karen Bernhard
Autorin: Elisabeth Seyerl
Am Ende des Textes ist ein Abstract davon und CV von Birgit Sauer
Synopsis des Diskurses
Als Hauptgästin des Abends spricht die Politikwissenschaftlerin Birgit Sauer mit Barbara Klein, Margit Niederhuber, Sabine Prokop und dem Publikum über die grundlegenden Veränderungen der Gesellschaft seit ca. 1989, Stichwort Globalisierung, und deren Auswirkungen auf das Leben von Frauen und auf die Geschlechterbeziehungen allgemein. Dabei wird auch das Kunstprojekt der polnischen Künstlerin Malgorzata Bujnicka angesprochen, welches sich mit Migrantinnen, welche unter anderem von Frauenhandel betroffen sind, und ihren Geschichten auseinandersetzt. Weiters wird auch die allgemeine Lebens- und Arbeitssituation von Künstlerinnen heutzutage besprochen, auch mit Bezug auf die persönliche Situation der Vortragenden selbst.
Birgit Sauer, the main guest of the evening, discusses with Barbara Klein, Margit Niederhuber, Sabine Prokop and the audience the changes in society since the year 1989 related to globalisation, and the effects on women’s lives and the relationship between the sexes. The art project of the polish artist Malgorzata Bujnicka, which deals with female migrants, who suffered from women trafficking, and their stories, is mentioned. The discussion also deals with the common situation of female artists nowadays, for example the personal stories of the women present at the discussion.
Protokoll des Vortrages und der Diskussion
prok- Ich heiße Sabine Prokop, ich komme aus dem Arbeitsfeld Kunst, Wissenschaftskultur und arbeite auch in der Theaterwissenschaft, unter anderem. Heute ist unsere Hauptgästin Birgit Sauer, aber wir haben auch Barbara Klein und Margit Niederhuber hier, die direkt intensiv mitarbeiten. Barbara Klein ist hier vom Kosmos Theater, sie ist die Festival Leiterin, das Kosmos Theater selbst leitet sie auch schon seit Jahren. Es ist aus einer Bürgerinitiative entstanden, derzeit ist es besonders gefährdet. Aber das Festival jetzt ist großer Erfolg, fängt gut an. Ich übergebe dir mal das Wort zur Idee und zum Grundkonzept des Festivals.
barbara- Danke, ich möchte nicht das selbe erzählen wie zur Eröffnung. Nur ganz kurz zur Idee, es geht, der Name des Vereins, der dieses Haus hier führt ist link, das englische Wort link, es geht um verbinden, das ist das, wofür das Kosmos Theater errichtet wurde und das ist auch der Sinn des Festivals. Auf mehreren Ebenen. Einerseits mit dem Ziel, Künstlerinnen in den Vordergrund zu stellen, ihre Vorstellungen und Wünsche, ihre Vorbildfunktion zu beachten präsentieren. Weil ich denke, und das ist auch die Grundidee von diesem Haus hier, dass es neben sozialpolitischen und gesellschaftspolitischen Ansätzen für Feminismus auch einen kulturpolitischer Ansatz geben muss. Das heißt, eben weil Frauen auf den Bühnen, in den Ausstellungsräumen unterrepräsentiert sind, weil sie nicht in den entscheidenden Positionen sind, das es, wie in anderen Bereichen auch, eine gläserne Decke gibt.
In Kunst und im kulturpolitischen Bereich ein neuer und guter Ansatz sein könnte, weil es mit allen menschlichen Beziehungen zu tun hat. Weil es um eine Vorbildfunktion geht, hier wird die kollektive Unbewusste verhandelt, auf der Bühne, in den Ausstellungsräumen. Dieser Ansatz war Teil des ersten Schritts, in dem wir an die Kulturräume und die VeranstalterInnen in diesem Bezirk herangetreten sind um ihnen dieses Künstlerinnen Festival nahe zu bringen. Und es hat geklappt, es gibt eine tolle gemeinsame Ressourcennutzung , es ist eine neue ökonomische Idee, zu sagen, wir haben alle haben kein Geld, aber es gibt bei dieser Veranstaltung links zu den Ressourcen auf Bezirksebene und das ist eine Plattform, auf der wir das Festival aufbauen konnten und somit die Gäste und Künstlerinnen aus den 20 Nationen einladen können. Wichtig war uns, dieser Diskurs, Kunst und Wissenschaft zusammenzubringen und zu schauen, was kann aus diesem Dialog entstehen, finden wir neue Erkenntnisse, gibt es Aktionen die entwickelt werden können oder sogar einer Resolution, wo wir sagen, es gibt große unterschiede zwischen den Nationen, aber es gibt auch Gemeinsamkeiten, was können wir nach Außen tragen, in einem politische Kontext sehen und vielleicht Forderungen, ….es gibt viele Möglichkeiten, auch was dieses Festival betrifft. Es gäbe die Möglichkeit, dies zu einer Einrichtung zu machen, oder ein Rotationssystem in den verschiedenen Städten, oder das es auch hier wieder stattfindet. Wichtig ist Nachhaltigkeit, nicht das man die Künstlerinnen nach dem Festival abhacken, Wir wollen Widerstand und eine Veränderung der Situation herbeiführen.
prok- Für dich Margit, du arbeitest auch in einem Bereich der eine Mischung aus Kunst und Wissenschaft darstellt. Hier hast du die Leitung und hast auch am Konzept mitgearbeitet. Ich würde dich bitten das Festival aus deiner Sicht zu beschreiben.
margit- Also der Titel „her position in transition“ , ich möchte nur kurz zeigen, wie sich der Titel in Projekten, die wir ausgewählt haben, spiegelt. Es gibt eine Sehr breit Beschäftigung mit dem Thema des Übergangs und des Wechsels.
Es gibt sehr unterschiedliche Herangehensweisen. Manche Künstlerinnen haben sich im Rahmen eines Tanzperformance, in dem es um einen persönlichen Wechsel von Jung zu Alt geht. Andere haben sich damit, mit der Frage von digital sein oder nicht digital sein.
Manche stellen sich Fragen über das im Internet diskutieren. Einige arbeiten mit Musik andere mit Kleidungsstücken, über wird die Frage gestellt, wie ist die Situation. sehr breites Programm Sehr konkret beschäftigt sich mit der Frage eine Installation im Lux, ein Theater im Lux, wo eine junge polnische Künstlerin Interviews mit Frauen die aufgrund von Arbeitsverhältnissen oder durch Sexhandel in ö gelandet sind. Es gibt Tascheninstallation, wenn man diese öffnet, hört man was die Frauen dazu sagen.
Es geht immer um Veränderungen, das ist die Idee dahinter, dazu hat auch Birgit Sauer einen ersten text dazu geschreieben. Ich sage im Moment nicht mehr dazu.
prok- Ich möchte kurz einen Überblick über die Diskurswochen geben. Heute geht es um die Grundeinführung, was ist der Grundgedanke dahinter. ( siehe Programmheft). Das Programm liegt auch auf.
Dann kommen wir zur heutigen Hauptgästin. Birgit sauer, sie ist Politikwissenschaftlerin , hat an verschiedene Unis gewirkt. Ist also im wissenschaftlichen bereich verortet, du wirst dazu deine Grundgedanken vortragen
birgit- Vielen Dank. Wir haben schon gehört, dass die Grundidee das Festivals ist, es in einen politischen Diskurs einzubetten und die Erklärung, was ist Transformation, was sind Ursachen und Konsequenzen für Frauen, für Männer, für Geschlechterverhältnisse, auch für politisches Handeln, für Staaten und auch für Gesellschaften. Wir wollen versuchen mit einem sozialen und Politikwissenschaftlichem Zusammenhang in den Diskurs mit den Künstlerinnen zu treten. Was ich versucht habe ist, zu fragen, was ist Transformationen, was verändert sich? Ein Stichwort steht im Titel: Globalisierung, als ein Phänomen der letzten 15 Jahre, es gibt den Begriff Neoliberalismus der im Zusammenhang mit Globalisierung genannt wird, wobei man den Abbau von stattlichen Regulierungen in unterschiedlichen Bereichen meint, die globale Ausdehnungen einer westl., als kapitalistischen Lebensweise und Arbeitsweise, und spätestens seit 2001 sind wir damit konfrontiert, dass davon Gegenbewegungen hervorgerufen werden.
Die Frage ist, in welche Richtung geht diese Dynamik. Wir haben diese Frage im Kontext von den neuen kriegen, Terrorismus eine form dieser neuen kriege. bei uns im westen gibt es eine lange Debatte darüber, dass eigentlich Politik eigentlich am Ende, man kann damit eigentlich nichts erreichen, dass sie von Ökonomie gefangen genommen ist, dass man Sachzwängen gehorchen muss.
Diese bereiche bezeichnen Übergänge, das Jahr 1989 wird immer wieder als Ausgangspunkt dieses Wandels genannt, der Zusammenbruch realsozialistischer Staaten. Es geht jetzt um die Frage aus feministischer und geschlechtsspezifischer sicht.
Es gibt zwei Richtungen. Einerseits, welche Auswirkungen haben diese Veränderungen auf das auf Leben der Frauen, lieben, leben und auch auf politisches Handeln. Die Frage des Handelndes Eingreifens, was kann man zur Verbesserung der Situation tun.
Das wäre der zweite Aspekt. Und ein dritter Aspekt wäre, zu sagen, inwieweit sind Geschlechterverhältnisse selber antreibende Verhältnisse für diese Veränderungen. Wenn man sagt, es ist nur die böse globalisierte Ökonomie schuld und der Rest der Welt ist das Opfer eines Sachzwangs von ökonomischen Eliten. Aber es sind nicht nur die Eliten, sondern auch Männer und Frauen können etwas verändern. Die Kunst in „her position in transition“ fragt nach der Subjektivität und Position von Frauen im Veränderungsprozess, die Subjektive ebene, die Handlungsdimension. Und man hat natürlich auch die Ebene von Systemen, von Kulturbetrieb, die Dimension, aber auch die politische Dimension von Staaten. Diese Ebene und das Zusammenspiel ist aus Wissenschaft und Künstlerischer Perspektive spannend. Das ist interessant. Wenn man Frauen nur als Opfer sieht, entmächtigt man sie. Sicher sind Frauen und Künstlerinnen mehr betroffen von Arbeitslosigkeit und Geldeinsparungen als Männer.
Aber die Opferperspektive der Frauen bedeute ihnen die Handlungsfähigkeit abzusprechen. Wichtige Fragen sind, wie kann man den Handlungsstatus von Frauen herstellen. Ausserdem sind die Transformation der Ökologie nicht nur zu Lasten der Frauen.
Ja, viele Prozesse gehen zur Last der Frauen im Westen und der 3. Welt, aber es gibt auch Gruppen von Frauen die davon profitieren. Traditionelle Geschlechterverhältnisse verschieben sich, neue Unterschiede entstehen, der soziale Unterschied zwischen Frauen wird relevanter und ethnische Unterschiede werden immer deutlicher. Als Beispiel die Migrantinnen in Österreich. Sie machen dequalifizierte Arbeit. Es gibt eine Ambivalenz von unterschiedlichen Frauen im Transformationsprozess.
Was manche sagen und fragen, ist, und es gibt eine lange Diskussion, dass es keine Frauenbewegung mehr gibt, dass sie tot ist. Das kommt aus verschiedenen Ecken. Einerseits aus dem Feministische Diskurs selbst: Können Frauen überhaupt für Frauen sprechen? Gibt es eine einheitliches Geschlecht Frau, wie kann Solidarisierung aussehen, wenn es große Unterschiede zwischen Frauen gibt? Das sind Fragen die noch nicht geklärt sind. Wir haben versucht im wissenschaftlichen Text zu überlegen, wie kann man diese Transformationen und Veränderungen in Begriffe fassen und wie passen die Geschlechterverhältnisse dahinein.
Wir sind zu Fünf Grenzverschiebungen gekommen. Die Frage von Grenzen, Entgrenzung ist zentral für die Vorstellungen von Übergang und Transformation. Diese fünf Grenzverschiebungen sind einerseits Verschiebungen von zwischen Staat und Ökonomie. Also die Veränderung von Arbeit und Produktion, der Rückzug vom Staat aus Arbeitswelt. Das führt dazu,, dass sich Dinge verschieben, zum Bsp. bedeutet es eine Feminisierung von Arbeit und aber Gleichzeitig auch eine Wiedervermännlichung von Staatlichkeit. Die Gleichstellungspolitik hat bewirkt, dass stattliche Institutionen weiblicher geworden sind, aber man kann sehen, dass diese Bereiche begrenzt sind. Eine zweite Grenzverschiebung zwischen Staat und Familie. Auch hier kann man sehen, dass das, was als privat verstanden wurde, zunehmend veröffentlicht wurde, es mehr staatliche Regulierungen gibt.
Diese Grenzverschiebung ist damit verbunden, dass Staatliche Dinge in den Bereich Familie und Individuum verlagert wird und Individuen sollen selbst Entscheidungen treffen, sie müssen ein Risiko aufnehmen und es gibt keine vorgegebenen Biographien, in dem Sinn. Die Dritte Verschiebung wäre zwischen Ökonomie und Familie. Einerseits die muss die Frage von der Reproduktion neu entworfen werden. Die Reproduktion wird zur Entscheidung der Frau. Gleichzeitig werden die Entscheidungsmöglichkeiten aber auch beschnitten und hier wird die Ökonomisierung des Lebens deutlich. Zwischen kapitalistischer Ökonomie und privater Ökonomie sind die Grenzen fließend. 4. Zwischen öffentlich und privat, das wird immer wieder Neu definiert. Aber was als privat und subjektiv gilt wird immer mehr zur Ressource für Ökonomie wird und politischer Gestaltung. Um den Begriff von Foucault, Gouvernementalität, hier einzuführen, der meint genau das. Die 5. Grenzverschiebung ist die zwischen Nationalen und internationalen Kontexten, Entgrenzung und Begrenzung. In Europa haben wir Schengen, was einen Ausschluss von Migrantinnen bedeutet.
Und gleichzeitig aber auch die Integration von internationaler Arbeit in nationale Kontexte. Bsp. Arbeitsteilung,.., ethnisierte Arbeitsteilung. Die Produktionen kommen von der 3.Welt in die 1. Welt hinein. Es gibt aber auch die völlige Erosion von Nationaler Politik, aber doch die Verlagerung von Politik auf eine internationale Ebene. Alle diese Bruchlinien haben Auswirkungen auf die Geschlechterverhältnisse. Die Grenzverschiebungen brauchen aber diese Ungleichheit, damit sie funktionieren.
Aus diesen Bruchlinien heraus entstehen Themen, die den Diskurs begleiten und die Künstlerischen Projekte.
Ein großes Thema ist die Frage von Migration und Flucht, Heimat, Heimatlosigkeit. Ein zweites Thema, Arbeit, Prekarisierung von Arbeit, Geldreichtum. Ein drittes Thema ist Körperverwertung, Körpern, Geschlecht und Körper. Ein viertes Thema ist Gewalt gegen Frauen und Krieg. Fünftes Thema ist Politik und Widerstand, wo fängt der Widerstand an gegen die Ungleichheit im Geschlechterverhältnis. Ein sechstes Thema ist Intersektionalität, also wie verbindet sich Geschlechterungleichheit mit ethnischer Differenz und Alter und Sexualisierung. Dies sind Themen, die aus diesen Veränderungen kommen und auch aus künstlerischen Projekten gewonnen werden können. Diese Themen tauchen in der Diskursschiene auf und werden von wissenschaftlicher und künstlerischen Sichtweisen diskutiert.
prok- Es wurden viele Fragen aufgeworfen. Wir haben Zeit dies zu diskutieren. Eine erste Idee, mir fällt auf, dass es im Feminismus immer enger wird. Der Verband feministischer Wissenschaftlerinnen haben immer wieder die Idee, holen wir doch Künstlerinnen.
Ich habe beobachtet, dass in der Kunst die feministische Szene lebendiger ist. Das ist interessant. In der Wissenschaft geht es stark in Genderrichtung und die feministischen Ansätze sind verschwunden. Wo siehst du die feministische Entwicklung?
birgit- Ich würde es nicht so negativ sehen, für mich ist die Frage von Gender nicht unbedingt ein Widerspruch zur Frage von Feminismus. Wenn ich von Herrschaft zwischen den Geschlechtern, geht es um Machtverhältnisse. Und in der politischen Ebene muss es um den Abbau von Herrschaft zwischen Männer und Frauen gehen. Sie stellt sich immer neu her. So wäre das kein Wiederspruch, sondern die Frage ist, wie kann man viel Autonomie erreichen und Herrschaft loswerden. Ich sehe das Problem. Ja, wenn man sagt, man muss diese und jene Struktur dazu denken, dann verliert man diese Perspektive. Aber ich sehe keine.
Ich weiß, ich bin privilegiert, man muss mitdenken, ich bin weiss, ich lebe in einem Sozialstaat und ich arbeite an der Uni. Man muss das mitdenken.
margit- Du hast gesagt, dass es in der Kunst es mehr Feminismus gibt. Ich würde es so nicht sagen, wir haben einen verschleierten Blick. Dieses Haus gibt es nur einmal in der Welt. Ich komme vom Theater und wenn man bedenkt, was da im Hochkulturbereich und in der Subkultur viel an herrschenden Geschlechterverhältnisse reproduziert und verankert und wie unbewusst das ist. Das ist ganz erstaunlich. Die Erfahrung vom Aufbau des Kosmostheaters. Es war schwierig, Gleichgesinnte zu finden. Welche zu finden, die sich trauen deklariert feministisch aufzutreten. Der Theaterbereich und in der Performance bemerkt man es. Man merkt wie vom Soloprogramm bis zur Oper, die Frauen verschwinden.
prok- Diese Prekarisierung ist sehr stark.
barbara- Es gibt ja auch feministische Männer.
prok- Das mit der ich- ag, diese große Falle. Dass man sich ständig neu definiert. Der Begriff Lebensstilpakete, der Habitus geht verloren, jeden Tag macht man ein neues Paket, alles wird instrumentalisiert. Wie ist das hier beim Festival?
Welche Produktionen habt ihr?
margit- In diesen kleinen Gruppen sind künstlerische mehr Frauen und mehr Inhalte. Es gibt viele Performances von Einzelfrauen.
In den 200 Einreichungen, sah an, dass sehr viele einzelne Frauen eingereicht haben und das spiegelt die Machtverhältnisse.
Eine große Produktion kostet mehr Geld, als eine Einzelperson Produktion. Man sieht, dass Geld ist, wo Macht und Herrschaft ist.
Es geht darum, neue Entwürfe zu finden, Gegenentwürfe zu dem was im üblichen Kulturbetrieb angeboten wird.
prok- Speziell in den Medien, im Film,… der ist männlich strukturiert. Ich habe begonnen, zu forschen, warum feministische Ansätze im Film schwer zu verwirklichen sind. Aber in der Kunst gibt es Nischen. Hier sind Theater und Performance, und das Medium ist ein wichtiger Faktor und auch der Rückzug vom Staat aus der Förderung.
margit- Ich finde es ganz spannend,… es sind zwei Künstlerinnen hier, vielleicht können sie kurz über ihre Bedingungen sprechen.
malgor- Also, ich bin eine Migrantin, warum habe ich angefangen? Ich wollte wissen wie andere Frauen hier, was erwarten sie und wie fühlen sie sich? Wichtig für mich ist dieser Ausgangspunkt. Warum geht man wo weg? Man hat eine bessere Vorstellung von einer besserer Welt, die Initiative etwas ändern zu wollen, wobei man immer wieder scheitert. Wo bin ich jetzt? Es ist relevant, was wollte ich machen und was habe ich. Es ist komplex. Frauen und Arbeitsmigration. Immer dabei scheitern.
margit- Mir hat bei deinem Ansatz so gut gefallen, das es die Chancen gibt, neue Biographien zu machen. Die Frauen sind nicht Opfer, sondern können sich neu in Situationen positionieren.
birgit- Die Frage der Migration gibt es in unterschiedlichen Rollen. Nicht nur Europa, das West- Ost ist vergleichsweise neu.
Es ist spannend, dass Migration feminisiert wird in letzter Zeit. Frauen sind oft Pionierinnen. Ich war in Ljubljana bei einem Workshop über Frauenhandel, dort waren auch NGOs, diese machten klar, dass Frauen Opfer von Kriminalität und aber zugleich in der Lage sind, sich neu zu entwerfen. Sklaverei ist grausam, aber dort kann man auch neue Räume entwerfen.
au- Sie wollen aber nicht Frauenhandel beschönigen und sagen, dass es eine Chance ist, oder?
birgit- Die Frauen sind traumatisiert. NGOs beraten nur, aber wenn man es sah, wenn man es schafft mit Frauen zu sprechen, sieht man, dass es spannend ist. Sie sind nicht nur Opfer. Es ist zu kurz, entspricht nicht was Frauen können.
au- Sicher, aber sie sind sich dem nicht bewusst.
malgor- Ich habe darüber gesprochen, es sind nicht Opfer, sondern sie sind betroffen vom Frauenhandel, das ist nicht das Gleiche, sie sind nicht Opfer, sondern betroffen. Opfer sein ist wie sich aufgeben, aber sie kämpfen um rauszukommen.
Es ist immer ein Kampf und eine Auseinandersetzung.
prok- Auch maiz (?) setzen sich stark damit auseinander, mit dem Sexhandel. Frauen wehren sich gegen den Opferbegriff.
malgor- Wenn man mit betroffenen Frauen spricht, sie sagen, ich bin nicht Opfer, sondern von der Situation betroffen.
margit- Es ist ganz wichtig, in ihrer frage ist so Haltung erkennbar, dieses “die wissen ja gar nichts“. Man nimmt von den Frauen an, dass sie naiv sind. Wenn man es größer sieht, ist es nicht die Mehrzahl der Frauen.
au- Ist das eine positive Form der Migration?
birgit- Nein, es ist ein Verbrechen gegen ein Menschenrecht der Frauen, nichts positives. Das interessante ist, dass Frauen nicht da sitzen und sagen, ich lass mir alles gefallen.
karen- Es geht um die Frage, wie man darüber redet.
Au- Jedes Verbrechen fordert Opfer, aber das heißt nicht, dass man ein Leben lang handlungsunfähig ist.
birgit- Aber man muss es auch sehen im Kontext, mit wem haben sie es zu tun? Früher, bevor die Länder die Palermo- Vereinbarung unterschrieben haben, dort waren sie illegal und Kriminelle, man hat versucht sie abzuschieben. Es geht um Perspektiven, es gibt unterschiedliche Phasen. Der Gesetzgeber hat gesagt, ok, man behandelt sie als Opfer, aber aus der Berater Position.
Aber es ist wichtig, sie sind nicht nur Opfer, sondern auch Personen, die in dieser beschissenen Situation Selbstständigkeit entwickelt haben.
karen- Sehen sie andere Formen der Migration?
birgit- Es hat auch früher weibliche Migration gegeben. Die Krankenschwestern aus Südkorea zum Beispiel. Aber es ist ein statistischer Trend, das es gewachsen ist. Hier im Westen gibt es ein Frauenarbeitsmarkt. Hausarbeit zum Beispiel.
karen- Das kann man auch kritisch hinterfragen.
Zu den 5 punkten, die erwähnt wurden. Sind es Grenzbereiche? Gibt es Trends, global oder europäisch? Das habe ich nicht verstanden.
birgit- Diese Trends gehen nie in eine Richtung. Es gibt Nationalisierung und Internationalisierung. Die EU ist ein Bsp. für die Internationalisierung, Nafta, die Erweiterung der Uno, und gleichzeitig der Zerfall von Yugoslawien und die Gegenbewegung, die Nationalisierung. Es gibt Länder, wo der Staat immer schwach war, nicht wie in Europa. Die stattliche Regulierung ist ein Trend in europäischen Ländern, aber auch hier ist es selektiv. Was ich deutlich machen wollte, ist das sich Grenzen verschieben, um die Dynamik zu verstehen.
karen- Diese Grenzen gibt es schon seit mehreren Jahrhunderten, es ist ein Bereich, wo immer verschiedene Verschiebungen stattfinden.
birgit- Ja, aber es gibt Phasen in der Geschichte, wo die Dynamik verdichtet wird. Mit der Vernationalstaatlichung nach dem
2. Weltkrieg, die Ökonomische Abschottung. Aber es hat jetzt eine andere Dynamik. Es ist richtig, das diese Systeme immer in Bewegung sind, aber sie bewegen sich jetzt in eine andere Richtungen.
prok- Du hast ein Projekt erwähnt…
au- First I feel honoured to be part of this and be able to do a performance, I can mostly relate to private aspects, my work is everyday of what I had to do, in marriage, with children, make a living and be an artist. I come from a personal place, many women can relate to it. It reaches wide. It is frightening because I feel like I have to make this confession, because there is a lot of manipulation. I was driven to be an artist, but also marginalized. You don’t expect to be economically viable as a woman.
I actually fell more hope. That my life could come together. The work I do, just the way, the whole economic thing, it is very difficult.
prok- I think the borderline between private and economical is different for artists.
birgit- Es geht auch um die Arbeitsweise. In der Wissenschaft ist man immer gezwungen produktiv zu sein, in der Kunst ist man subjektiv. Es gibt unterschiedliche Anforderungen an die Arbeitsweise. Es ist sinnvoll das am Festival zum Thema zu machen.
prok- Ich kenne diese Arbeitsweise mich zu motivieren von der Kunst her und es hat mir in der freien Wissenschaft geholfen.
Jetzt wo die Wissenschaft durchlässiger ist wird sie auch neu strukturiert. Es geht auch um Selbstdefinition. Es ist toll dass eine Künstlerin sich selbst definiert.
barbara- Ja, ich bin Künstlerin aber habe auf 9 Seiten bestätigt bekommen, das ich keine Künstlerin bin, weil ich Managerin bin.
Ich habe sogar Kunst studiert, aber ich muss nicht künstlerisch sein, um Managerin zu sein.
margit- Das trifft auch auf die Wissenschaftlerinnen zu, weil sie vor lauter Papierkram und Managen nicht zum arbeiten kommen.
au- Ich studiere Medienkunst also auf dem Weg zur Künstlerin. Management ist sehr gefragt, vielleicht sollte man es an einen echten Manager abgeben. Und vielleicht selber künstlerisch arbeiten kann und vielleicht kommt dann das Geld wieder.
barbara- In diesem Bereich müssen alle für drei arbeiten.
prok- In den Unis lernt man aber auch schon die Management Fähigkeiten dazu.
barbara- Letztendlich sind alle Künstlerinnen ihre eigenen Managerinnen. Gerade im Performancebereich. Alle müssen ihre Bewerbung schreiben und so. Man kann nicht die Künstlerinnenidentität abschreiben, das ist absurd. Was wird dann gemanaged?
Karen- Mich würde die Auswahl aus den 200 Einsendungen interessieren. Wie ist sie abgelaufen?
margit- Wir haben einen Call for Projects gemacht und ziemlich breit ausgeschickt. Eine 10- köpfige Jury hat die Einsendungen geordnet, ein ranking erstellt. Jede Jurorin in ihrem Bereich. Dann gingen wir mit den Projekten zu den Organisationen im Bezirk und fragten sie was für sie interessant wäre.
barbara- Aber wir hatten vorher Vorraussetzungen. Es musste mindestens eine Frau in einer wichtigen Position sein und das Thema musste sich mit „her position in transition“ befassen, was ein weites Thema ist. Es gab dann gemeinsame Kriterien der Jury aber Qualität war nicht näher definiert. Aber es musste eine Mixtur geben. Viele verschiedene künstlerische und nicht- künstlerische Kriterien. Es überwiegt schon das Performative, und weniger Musik und so. Es wurde schon nach Sparten eingeteilt.
Die Kooperationspartner im Bezirk haben dann das für sie richtige Projekt ausgewählt.
prok- In der letzten Phase wurde die Diskursschiene entworfen, eher kurzfristig, daher sind keine internationale Stars hier. Und es war auch ein Problem der Finanzierung. Aber es werden leider nur mehr EU- Projekte finanziert. Die Diskursschiene soll ja eigentlich zum Austausch zwischen Künstlerinnen anregen.
barbara- Ich hätte gerne noch den Blog erklärt.
prok- Wir haben jeden Abend eine Protokollantin, die ein Protokoll und eine Kurzzusammenfassung ins Netz stellt. Wir werden auch versuchen das zu publizieren.
barbara- Können sich auch Menschen von außerhalb einbringen?
margit- Man kann mails in den Webblog schicken, aber es ist nicht möglich das ganze zu moderieren.
barbara- Kommentare?
margit- Die Adresse steht im Webblog.
prok- Man kann solche Dinge auch in Bezug auf Sicherheit nicht so leicht öffentlich machen. Feedback ist aber herzlich willkommen.
Gibt’s noch Fragen? Sonst danke ich Ihnen für die Diskussion.
Ende
Abstract von Birgit Sauer
Transformation - Globalisierung – Restrukturierung und Geschlechterverhältnisse
Birgit Sauer
Seit dem Jahr 1989 sind Gesellschaften und Staaten sowie Menschen, Männer und Frauen, mit ganz grundlegenden Transformationen konfrontiert- Diese Veränderungen werden unter den Stichworten Globalisierung, Neoliberalismus, Erosion von (National-)Staatlichkeit oder Ende der Politik diskutiert. Der Abbau von Sozialstaatlichkeit in westeuropäischen Staaten, die Durchkapitalisierung der Welt, neue ökonomische und politische Zentren, die Konstruktion von neuen Peripherien sowie neue Kriege und Feindbilder sind Ausdruck und Folge dieser Veränderungen. Vielfach scheint der ökonomische Sachzwang zum neuen Herrscher über die Welt und die Menschen geworden zu sein.
Diese Veränderungen haben weltweit nicht nur Auswirkungen auf das Leben von Frauen und Männer bzw. auf Geschlechterverhältnisse. Die Arrangements zwischen Männern und Frauen – so unterschiedlich sie jeweils sind auf dem Globus – verändern sich - und zwar nicht allein in Folge ökonomischer, kultureller und politischer Umwälzungen, sondern die Geschlechterarrangements sind selbst Teil und Katalysator dieser Veränderungsprozesse.
Wo bzw. wie nun ist die Position von Frauen in diesen Transformationen? Wie lassen sich diese Prozesse im Kontext von Geschlechterverhältnissen analysieren, beschreiben und auf den Begriff bringen? Frauen nur als Opfer weltweiter neoliberaler Globalisierungsprozesse zu zeichnen, wäre eine gefährliche politische Verkürzung und wissenschaftliche Reduzierung. Ohne Zweifel sind Frauen in spezifischer bzw. anderer Weise als Männer von diesen globalen Veränderungen betroffen. Der Abbau sozial- und gleichstellungspolitischer Regelungen in den Ländern des Nordens beispielsweise erfolgt vielfach zu Lasten von Frauen, die Transformation der einst realsozialistischen Staaten Osteuropas lastet die private »Übergangsarbeit« Frauen auf, die Ausdehnung kapitalistischer Produktionsweisen in die so genannten »freien Produktionszonen« in Länder des Südens setzt die Arbeitskraft (meist junger und noch unverheirateter) Frauen »in Wert«, macht sie damit ausbeutbar oder zwingt andere zur Migration. Doch die globalen Marktverhältnisse generiert auch Frauengruppen – in den Ländern des Nordens wie des Südens – zu den (wenn auch oft nur zeitweisen) »Gewinnerinnen« dieser Transformationsprozesse.
Aktuelle Transformationsprozesse – die Entgrenzung von Nationalstaaten durch medial-kommunikative Vernetzung und Migrationsbewegungen, die Internationalisierung politischer Entscheidungsorgane sowie die Verringerung räumlicher und zeitlicher Distanzen durch rasche Interaktionsmedien, die weltweite Ausdehnung kapitalistischer Produktionsweise und die Integration von immer mehr Regionen der Welt in das kapitalistische Marktsystem – sind ungleichzeitige Prozesse, die je nach Ort und Zeit unterschiedliche und ambivalente Konsequenzen für das Leben und Arbeiten von Frauen, für politische Solidarisierungs- und Handlungsformen, für das politische Tätigwerden von Frauen haben. Bieten diese Veränderungen also Chancen zur Veränderung patriarchaler Arbeitsverhältnisse und der geschlechtshierarchischen Arbeitsteilung oder ist die Prekarisierung voin Arbeit der neue Normalfall weltweit? Müssen die Menschen alle flexibel, mobil sein und das Leben immer mehr als Risiko empfinden, für das sie selbst und alleine verantwortlich sind? Öffnen sich Möglichkeiten, maskulinistische Staaten und Institutionen frauenfreundlicher und geschlechterdemokratischer zu gestalten? Oder sind die BürgerInnen nur mehr KonsumentInnen von staatlichen (bzw. privatisierten) Dienstleistungen? Diese Fragen sind offen, wir befinden uns in einem Übergang, in einem Korridor, dessen Ende nicht in Sicht ist.
Bieten die »Turning-Points« globalen Wandels Möglichkeiten und Anlässe zur »Entverselbstverständlichung« androzentrischer Strukturen in der Ökonomie, der Politik, der Kultur, im Denken, Fühlen und Handeln von Frauen wie auch von Männern? Oder weisen die aktuellen Transformationsprozesse eine Tendenz zur Re-Strukturierung, zur Wiederherstellung patriarchaler Herrschaftsformen in anderem Gewand auf? Wo wären Eingriffs-, Widerspruchs- und Widerstandsmöglichkeiten von Frauen dagegen? Ist frauenbewegte Repolitisierung möglich?
Die Dynamik des Globalisierungsprozesses kann prinzipiell in Richtung Ver- und Entgeschlechtlichung laufen, sie kann die Auflösung von geschlechtlichen Zuschreibungen wie auch neue Sedimentierungen und Kristallisierungen von Männlichkeit und Weiblichkeit – insbesondere entlang der Linien von Klasse und Ethnie – zur Folge haben. In der Tat werden neue Differenzierungs- und Politisierungsstrategien von oben entworfen und relevant: Ökonomische, soziale und klassenspezifische Unterschiede zwischen Frauen werden größer, und die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung wird kulturell und ethnisch überlagert. Schlecht bezahlte Arbeit in den Metropolen wird zunehmen "rassisiert".
In den Länden des Nordens wird die Frauenbewegung seit der vergangenen Dekade »tot geredet«. Doch ist das »Ende« der Frauenbewegung nicht eher der Beginn neuer Organisations- und Handlungsformen? Ohne Zweifel hatten und haben die Frauenbewegungen in den westlichen Demokratien ihre eigenen Begrenzungen und Ausschließungsmechanismen geschaffen. Vor allem aber haben feministische Diskurse den Prozess der Defragmentierung und Individualisierung von Frauen be
diskurs - 7. Mar, 12:25