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Thursday, 9. March 2006

Protokoll 8.3.2006

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Solidarität = erweiterter Egoismus?
FIFTITU% - Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur in Oberösterreich


Diskursführerinnen: Juliane Alton, Andrea Mayer-Edoloeyi, Sabine Prokop

SP - Sabine Prokop
AME - Andrea Mayer-Edoloeyi
JA - Juliane Alton
LS - Lise Skou
KB - Karen Bernard
DM - Dolmetsch
AUD - Publikum

--> Abstracts der Vorträge am Ende des Protokolls

Autorin: Miriam Koller


Synopsis des Diskurses

Der Diskurs dieses Abends ist durch 2 Vorträge bestimmt, die theoretische Überlegungen und Berichte aus der Praxis verbinden. Beiden ist das Thema des „Netzwerkens“ immanent. Juliane Alton spricht über die Reetablierung von bestimmten Werten wie z.B. Solidarität und klärt in diesem Zusammenhang die für diesen Topos wichtigen Begrifflichkeiten (Identität, Demokratie, Orte der Kunst). Andrea Mayer-Edoloeyi stellt die Vernetzungsstelle FIFTITU% für Frauen in Kunst und Kultur in Oberösterreich, deren Bemühungen, Ziele und Herangehensweise als Netzwerk vor.
Die Diskussion greift diese Begrifflichkeiten auf und hinterfragt die Möglichkeiten von Identitäten einerseits, die von Diversität und Gruppenarbeit andererseits. Als problematisierende Erkenntnis ergibt die Diskussion, dass bestimmte Konzepte, wie das des Gender Mainstreamings oder der Gender Studies, elementare und immer noch feministische Anliegen oft überdecken und eigentlich untergraben.

The discourse of the evening combines 2 different approaches: theory and praxis of „networks“. Juliane Alton speaks on re-establishing certain values, such as solidarity and clarifys therefore necessary concepts (of identity, democracy, places of art). Andrea Mayer-Edoloeyi introduces the Upper Austrian organisation FIFTITU% - for women in Art and Culture and talks on their aims, approaches and efforts as a network.
The discussion comes back to the concepts and questions the possibilities of identity, diversity and working in groups/networks. The conclusion of the discussion is the realization that certain concepts, such as Gender Mainstreaming and Gender Studies, have a problematic impact on, or even cover up feminist issues.



Protokoll des Vortrages von Juliane Alton


SP: Begrüßung.
Heute geht es um Netzwerke im weitesten Sinne - ich begrüße AME vom Verein FIFTITU% und JA von der IG Kultur in Vorarlberg. Ich übergebe gleich an JA.

JA: Ich möchte heute über das Thema „Solidarität als erweiterter Egoismus“ sprechen.
Für einen solchen Diskurs sind mir ein paar keywords sehr wichtig, diese sind: Demokratie und Gleichheit, Orte der Kunst und politische Wirkung der Kunst, Solidarität und Egoismus, Orient und Okzident.
Das ganze soll vor allem in der Diskussion münden: was sind Netzwerke, was nützen Netze?

Ich möchte mit ein paar alten Geschichten beginnen:
In der Diskussion von Orient und Okzident etc. wird immer der Begriff der Werte aufgegriffen.
Werte drohen verloren zu gehen, bestimmte Werte müssen gepflegt werden etc.
Ein Beispiel ist ein Bundeskanzler, der die Familie, verstanden als einen sehr konservativen Begriff, als wichtigen Wert thematisiert.
Ich mache auch hier konservative Begriffspaare für den Diskurs nutzbar - wie können wir als Denkerinnen und Künstlerinnen diese Begriffe neu formulieren?
Beginnen möchte ich mit dem wissenschaftlichen Denken, das eigentlich schon der erste Schritt zu einer Emanzipation ist.
Das Individuum verlässt die gottgegebene Position und sucht neue Plätze, hier die des Denkens. Dabei gültig ist immer der Anspruch der Nachvollziehbarkeit, Gleichheit.

Ich komme zum ersten Begriffspaar: Demokratie und Gleichheit.
Die Verfassungen Europas beruhen auf diesen Werten, sie bekennen sich dazu.
Der Anspruch ist oder sollte sein, diese Werte zu realisieren: Freiheit, Solidarität.
Gerade der Begriff der Freiheit ist immer wieder bedroht - gerade durch die neuen Regierungspakete, hier in Österreich.
Die Gleichheit vor dem Gesetz ist insofern interessant - dass Gleichheit und Freiheit eigentlich widersprüchlich sind. Historisch gesehen waren es vor allem die erwachsenen Männer, die Gleichheit erfuhren.

Der in unserer Welt gültige Einschlus-Ausschluss-Menchanismus geht nicht konform mit der Idee der Gleichheit.
Dieses Prinzip der Inklusion versus Exklusion kann als das Paradoxon der Demokratie bezeichnet werden.
Dies führt jedoch zu neuer Energie für den Kampf.
Interessant ist das im Zusammenhang mit dem Ausschluss von Gruppen, nicht von Einzelnen.
Deswegen ein kurzer Exkurs zum Topos der Identität.

Identität ist ein zentraler Begriff.
Eigentlich kann sie verstanden werden als anerkannte Ungleichheit, ich bzw. wir - sind anders als eine andere Gruppe (z.B. KapitalistInnen, RassistInnen). Wir benennen uns selbst über die Abwehr von anderen. In erster Instanz ist das eine Politik der Machtlosigkeit.
Nancy Fraser hat diese Frage sehr genau behandelt und bringt sie als „tradierte Gerechtigkeit“ zur Sprache und auf den Punkt.
Wollen wir Macht umverteilen? Als Feministinnen anerkannt werden?
Wenn wir als Gruppe anerkannt werden wollen, schotten wir uns gleichzeitig von anderen ab.
Es ist also eine ständige ent- und differenzierende Bewegung.
Entwickelt wird dabei die Fähigkeit, sich selbst zu benennen, führt zu Identität.

Ich möchte jetzt auf die Orte der Kunst und deren politische Wirkung zu sprechen kommen.
Das führt gleich zum Genialitätsbegriff des 19. Jahrhunderts, der im Gegensatz zum oben entwickelten Identitätsbegriff steht. Diese Identität widerspricht übrigens auch der spätkapitalistischen Politik (die eine Identifikation über Marken und Labels bedeutet).
Kunst kann sich nun zwischen gekaufter Distinktion und Identität stellen, politische Identitäten werden von Kunst anerkannt.
Wichtig dabei ist, dass der öffentlicher Raum permanent schrumpft, aufgekauft wird.
Kunst und KünstlerInnen können dieses Moment verändern, nicht nur innerhalb von institutionalisierten Rahmen.
Ein solch gegensätzliches Arbeiten passiert vor allem von KünstlerInnen, die den Körper als Zeichen verwenden. Judith Butler spricht ja vom Drama der sexuellen Differenz. Es ist eine produktive Differenz notwendig.

Solidarität ist ein zentraler Wert. Sie ist die Weiterentwicklung der Idee der Brüderlichkeit.
Auch in der österreichischen Bundesverfassung ist sie verankert (z.B. über die Sozialgesetze). Solche Gesetze der Solidarität können nicht einfach verändert werden.
Vom Ursprung der Solidarität als Mildtätigkeit komme ich zum Gedanken der erzwungenen Solidarität.
Zentral ist der Gedanke: „Es geht mir besser, umso besser es auch dem Umfeld geht.“
Dieses Prinzip stimmt auf allen Ebenen - aber nur auf längerfristige Sicht, nicht in Bezug auf z.B. tagtäglich geöffnete Börsen oder ähnliches.
Wenn z.B. ein Land zusammenbricht, schadet das dem Nachbarland und umgekehrt auch positiv gesehen: wenn es dem einen Land gut geht, wird es auch dem Nachbarland nützen.

Solidarität hat zwar einen schicksalhaften Aspekt. Ich möchte aber eine partielle und immateriale Solidarität hier einführen - in Form von der Idee der Netzwerke und Allianzen.
Das heißt: es gibt eine Kerngruppe, diese hat ein Ziel, das sie mit anderen teilt und verfolgt.
Da macht es mE auch Sinn, Verbindungen im gegnerischen Lager zu suchen - sonst bleiben solche Bewegungen klein. Näheres zu diesem Thema vielleicht in der Diskussion.


Protokoll der Diskussion

SP: Ich glaube, dass wir diesen Beitrag kurz dazwischen diskutieren.
Wenn wir zur gestrigen Diskussion über Öffentlich und Privat zurück denken: du, Juliane, hast auch erwähnt, dass der öffentliche Raum schrumpft. Was meinst du damit?

JA: In der alltäglichen Wahrnehmung ist der Raum verschmutzt - durch Labels, Marken etc. Die Gehsteige, der Luftraum, alles wird angefüllt. Darin sehe ich auch die Verantwortung der Kunst, diesen Raum zurückzuerobern.

SP: Im Sinne der Lebensstilpakete: auch im Privaten trage ich dauernd Labels an und mit mir. Aber es ändert sich im Blickwinkel von Öffentlich und Privat.

JA: Labels hab ich ja im Zusammenhang mit Identität eingeführt. Es bedarf also immer eines Außen. So werden auch Klassendifferenzen etc. festgemacht.

SP: Heißt das, dass der Raum wirklich weniger wird? Das Subjekt schwindet auch durch die Besetzung durch Labels?

JA: Prinzipiell kann gesagt werden, dass der private Raum immer größer wird. Auch was Haushalte angeht - der staatliche Haushalt schrumpft, der öffentliche Sektor nimmt um ca. 3% ab in Österreich, der Private wird ständig mehr.
Ob es weniger privat wird im Sinne der Subjekts, ist fraglich.
Vielleicht dahingehend, dass Privat und Öffentlich immer mehr verschwimmen.
Da schwindet wahrscheinlich ein Bereich der Privatheit.

SP: Der naturhafte Körper wird bei dir auch zum Körper als Zeichen.

JA: Ja, er ist nicht mehr Naturwesen. Wenn du ihn als Zeichen verstehst, wird er von der Materialität losgelöst.

KB: I don't understand what your corncerns are.

DM: Was sind die Hauptanliegen?

KB: Do you think about marketing, or....?

JA: Worauf ich hinaus will, ist die Reetablierung von wirklich wichtigen Werten - Gleichheit und Solidarität. Wir haben sie nie erreicht und die Begriffe werden schon wieder weggeworfen, auf den Misthaufen der Geschichte, auch von Regierungen.

KB: How is that related to arts?

JA: Kunst kann die Widersprüche zeigen. Das Feld von Privat und Öffentlich kann bespielt oder betont werden. Sie zieht auch das Begehren des Marktes an sich - der Markt sucht ja auch das künstlerische Subjekt. Darum hat Kunst einen sehr speziellen Platz und bestimmte Möglichkeiten inne.


Protokoll des Vortrages von Andrea Mayer-Edoloeyi

SP: Ich glaube, dass der 2. Vortrag diese Aspekte auch noch von einer anderen Seite beleuchten wird. Ich möchte damit an AME übergeben. FIFTITU% ist ein Verein, der sich für die Symmetrie der Geschlechter in Kunst und Kultur bemüht.

AME: Ich möchte über feminsitische Kulturpolitik sprechen, vor allem in Zusammenhang mit der Theorie.
Bei FIFTITU% engagieren sich KünstlerInnen und Kulturabteilungen. Die Organisation bietet Beratung vor allem für kulturschaffende Frauen, organisiert aber auch Weiterbildungsveranstaltungen für Frauen.
Die Vernetzung aus Oberösterreich hinaus ist dem Verein sehr wichtig.
Finanziert wird der Verein durch interessierte Frauen und Stadt, Land und Bund.
FIFTITU% steht für die Tatsache, dass 52% der Weltbevölkerung Frauen sind.
In einem Forderungskatalog haben wir klargemacht, was getan werden muss, um die oben erwähnte Symmetrie zu erreichen.
Wir finden heute kaum PolitikerInnen, die sich nicht zur Gleichstellung der Geschlechter bekennen würden. Erst in der Praxis wird klar, dass hier verschiede Ansprüche und Interessen herrschen.
Um den Katalog umzusetzen fanden diverse Gespräche mit Landes- und Bundesstellen statt.
Begleitet wird diese Gesprächsarbeit über Pressearbeit - als konkretes Beispiel: wir haben uns zu einem „Kuschelkurs“ mit dem Identanten von „Linz als Kulturhauptstadt 2009“ entschlossen - diesen Vertrag haben wir gebrochen, um die Besetzungspolitik i n Zuge dieser Bemühungen zur Kulturhauptstadt aufzudecken.
Wir haben uns um paritätische Besetzungspolitik bemüht - z.B. auch bei der Besetzung des Kulturstadtrates.
Das sind durchwegs kleine Schritte, die aber nötig sind - auch um sich immer wieder selbst der Sinnhaftigkeit zu versichern. Aber auch der Öffentlichkeit immer wieder klar zu machen: welche Schritte sind notwendig.

Ich möchte aber nicht missverstanden werden: es muss prinzipiell schon um radikale Veränderungen gehen. Was Kulturpolitik betrifft, bedarf es einer Neu-Orientierung!
Nun zum Hintergrund unserer Arbeit: der Verein funktioniert nur mit den Aktivistinnen gemeinsam.
Unser Büro ist eine wichtige Anlaufstelle. Gerade Künstlerinnen wollen nicht als Opfer von patriarchalen Mechanismen gesehen werden.
Wir kümmern uns, zugegeben, wenig um das Schaffen und Werken von Männern.
Mit dieser Haltung soll ein Stück weit Patriachat abgeschafft wird.
Bei der „Abschaffung des Patraiarchats“ geht es darum, die alte Ordnung nicht mehr anzuerkennen, deren Allmacht zu brechen.
Das bedeutet einen Wechsel des Blickwinkels, auch innerhalb der Frauenbewegung.
Es soll keine Handlungsunfähigkeit mehr herrschen: wie die Maus starr vor der "Schlange Patriachat" sitzen.
Wir sollen nicht darauf warten, dass sich Realitäten ändern, sondern von uns und unserer Praxis affirmativ sprechen, das führt schon zu einer Änderung

FIFITTU% ist die Vernetztheit innerhalb des Kulturbetriebs wichtig. Unsere Arbeit entsteht vor allem aus dem Kontext der eigenen Interessen: z.B. das Thema „prekäre Beschäftigungssituation im Kunst- und Kulturpolitik“. Es macht großen Sinn, von den eigenen Interessen auszugehen - weil es auch die Wirklichkeit von anderen Frauen in dem Feld beschreibt.

Bezug nehmend auf Theorie und Praxis: es geht diesen beiden Polen immer um ein gemeinsames Ringen um Inhalte. Jetzt gerade z.B. aktuell das Thema „Gender Mainstreaming“. Einerseits ist dies eine wichtige Diskussion, andererseits führt es in der Praxis oft zu Verflachung.
Worte und Inhalte wie: Frauenförderung, feministische Kulturpolitik gehen dabei verloren.
Durch Gender Mainstreaming werden diese Begriffe ersetzt, was eigentlich eine Eliminierung dieser Themen in der Praxis bedeutet und ist daher nicht sehr sinnvoll.

Einen Widerspruch möchte ich zum Schluss noch ansprechen. Als deklarierte Frauenorganisation ist es nicht leicht - auch mit der Beschränkung auf Kunst- und Kulturbetrieb.
Es geht aber nicht um separatistische Anliegen von Künstlerinnen, sondern um die erweiterte, gesamtgesellschaftliche Betrachtung von Phänomenen und Problemen.
Unsere Kompetenz liegt dabei natürlich im Kunst- und Kulturbereich.


Protokoll der Diskussion


SP: Danke für deinen Vortrag, Andrea.
Gibt es ad hoc fragen an die Referentinnen? - Für mich, als Netzwerkarbeitende, hab ich einige Ansatzpunkte für die Diskussion.
Du, Juliane, hast auch über den Egoismus gesprochen. Kennt ihr in eurem Arbeiten den Vorwurf des Egoismus?

AME: Der Vorwurf des Egoismus gilt weniger für die Kunst- und Kultur-Community. Es liegt zwischen Praxis und Überlegungen oft ein Abstrahierungsschritt.
Bei konkreten Projekten ist das viel eher der Fall.
Wenn es um die Verteilung von Geld und Macht geht, und die Hinterfragung dessen, kommt sehr schnell der Vorwurf des Egoismus, gerade für Feministinnen.

JA: Das ist ja ein Egoismus, der ja schnell auch zu Solidarität erweitert wird. Es geht nicht um mein persönliches Problem, sondern es erfolgt gleich der Schritt in eine Gruppe ähnlich Gesinnter, Betroffener. Innerhalb von Initiativen funktioniert das ganz gut. Bei EinzelkünstlerInnen gibt es dann natürlich schon wieder den Vorwurf des Plagiats, z.B.

SP: Da möchte ich auch wieder die Frage an die Künstlerinnen geben, was ihre Erfahrung mit Solidarität und Macht etc sind.

KB: I went to this festival, beacuse I thought that my work would fit in. But it isn't common to have this kind of dialogue. Usually its gay/lesbian/women-work, in an institutional sense.
I don't want to be my worked labeled.
In NYC we have other questions of diversity: black and hispanic work etc.
People have to think about so much diversity: age, gender, race and so on. Especially when it is about spreading money. I don't think that there is a singular feminist organisation.

JA: If you think more about that modell of diversity, than it is like this: every person is part of a diversity. You have to split and split, until you have the single person. I think it ends in a bad way.

AUD: Gerade in den Cultural Studies ist diese Diskussion ja auch wichtig. Amerika ist da vielleicht schon weiter. Gerade die Queer Theory beginnt ja jetzt erst in Deutsch zu erscheinen.
Wo ist denn die Grenze zwischen Feminismus und Gender Studies? Wo seht ihr die Diversität.
In der Schweiz, wo ich herkomme, gibt es nicht viel Diversität. Es ist alles viel mehr getrennt. Ich denke, es ist fast ein bisschen borniert, sich auf eine Identität festzulegen, nur weil das bei uns möglich ist.

JA: Ich möchte diese Diversität als politisches Kampfmittel verstanden wissen, ich definiere zunächst einmal mich (als Feministin etc...), dann innerhalb einer Gruppe. Diese Andersheit einer Gruppe will ich anerkannt wissen, von den VerteilerInnen von Förderungen. Es wird der Anspruch nach Gleichheit erhoben.
Du musst mit dieser Gruppe und der Diversität innerhalb ihrer (z.B. Feministinnen, queer oder transgender Personen) auch handeln.

AUD: Da bin ich einig. Aber was ist der Balanceakt zwischen den Themen? Es ist nämlich ein Balanceakt.

AME: Zu dieser Debatte möchte ich auch noch etwas Inhaltliches sagen. Unter dem Label „Postmoderne“ wird alles aufgelöst. Ich möchte mich daher eigentlich daher ganz explizit wieder auf den Feminismus berufen.

SP: Seit es Gender Studies gibt, gibt es auch in der Wissenschaft kaum mehr feministische Sachen. Alles wird vom Deckmantel Gender Studies geschluckt.

JA: Gender Mainstreaming sollten ja auch die Behörden machen, nicht wir an der Basis.

AUD: Ich finde, dass es in Österreich auch eine andere Tradition hat. Eine generelle Debatte bleibt dennoch übrig: es werden gegenseitig die Gelder abgegraben, der Fokus wird immer größer.
Die Überlegung der multiplen Identitäten ist vielleicht bei uns jetzt erst neu: dass wir nicht nur Feministinnen, Frauen, was auch immer sind.

SP: Juliane, du hast auch gesagt, im Zentrum muss ein Ziel sein. Auch bezüglich des gegnerischen Lagers: das Zentrum sollte mE nicht zu groß gemacht werden, dabei bleibt die Energie auf der Strecke.

JA: Netzwerke haben eh meistens keine Power. Sie sind eine Informationsstruktur.
Bezüglich des gegnerischen Lagers, kann ich zB das Grundeinkommen benennen. Das betrifft vor allem KünstlerInnen, es würde ihnen sehr viel in ihrer arbeit helfen. Und wen finde ich da? Die ChristInnen, mit ihrem Prinzip des Teilens, engagieren sich auch für dasselbe. Du kannst also mit so einer Schiene viel erreichen.

AUD: Ich denke in den Anfängen des Feminismus, da war alles so klar, es gab keine Zwischenbereiche. Solche gemeinsamen Interessen von gegenläufigen Lagern tauchen aber jetzt auf einmal wieder auf. Sind diese gemeinsamen Interessen Utopie oder Realität? Wird da nicht wieder eine automatisch eine Marginalisierung passieren?

AME: Ich denke mir, es ist immer noch wichtig, nach der Verteilung von Macht und Geld zu fragen. Wer kann wo gestalten, kann TUN. Diese Fragestellungen können die Grundlagen wieder klar machen.
Die Identitätsfragen kommen mE nach diesen Grundfragen - und diese müssen eben wieder vermehrt gestellt werden.

LS: First I wanna say, I can hardly follow your discussion. In Denmark there is a lot of networking, there is a strong tendency to network, especially in visual art.
Not only for women, but all visual artists, we are trying to gain back the public space.
I think there is a tendency in this direction.

SP: And what do you think about the discussion of diversity? About getting money and space.

LS: Do you mean in the sense, if it is harder to get money and space for women?

SP: In New York the feminist aspect doens't seem to be important, as Karen stated.

JA: Who contributes to the grants? Are there clear rules?

KB: There is the state and the city. And pannels. Its all based on quality. Its important how you can reach out to the public. I think, the state is more interested in the quality, the city more in the public. Its difficult to get money anyway.

SP: Ich denke es geht innerhalb der EU zwar schon in Richtung diversity, aber vor allem muss alles unter dem Aspekt von Gender Mainstreaming stattfinden, sonst gibt's fast kein Geld.

JA: Ich möchte noch zur Identität etwas sagen. Gerade im Bezug auf Orient und Okzident: die einfach verschiedenen Werte, die vertreten werden. Ich bin schon froh, dass ich mich auch abgrenzen kann. In unserer Gesetzschreibung steht das Individuum grundlegend im Mittelpunkt. In anderen Gesellschaftsformen gibt es andere Modelle, das der Familie als oberste Instanz z.B.
Es geht um diese Basiswerte!

AUD: Ich bin manchmal überfordert. Zum Beispiel hab ich das Stück „Patriot Act“ gesehen, da war die Diskussion stark, ob das nicht sehr „amerikanisch“ ist. Europa ist ja doch einfach anders. Können wir uns überhaupt als „der Westen“ präsentieren? Diese Selbstverständlichkeit gibt es glaube ich nicht.

SP: Es geht um die eigenen Bedürfnisse. Es ist wichtig zu sagen: wie geht es mir, auch innerhalb einer Gruppe. Von dem sollte ausgegangen werden: da ist die Energie, da ist das Wissen. Im Kunstbereich ist das sowieso nicht so fern liegend, weil die oft vom Ich ausgeht.

AME: So bald Künstlerinnen in einem politischen Kunstkontext arbeiten, wird das aber schon wieder schwierig. Wenn es um das eigene Arbeiten geht, ist so eine Benennung leicht.

JA: Ich setze große Hoffnung in die Sichtbarmachung durch Künstlerinnen. Von punkten, für die auch der Diskurs blind ist. Ich glaube, durch den Bezug auf die Gesellschaft, vielleicht sogar als feministische Künstlerin, kommt das in die eigene Arbeit und so wieder zurück in die Gesellschaft.

SP: Ich möchte da auch gleich auf den morgigen Diskurs hinweisen, wo es um prekäre Arbeitsverhältnisse und creative industries geht. Das ist gerade in Österreich brandaktuell. Die Frage ist dann, was das bei den Einzelnen macht. Der Elfenbeinturm für die Kunst kann ja auch nicht das Ziel sein.
Ausblick und Verabschiedung



Abstract des Vortrages von Juliane Alton

Solidarität = erweiterter Egoismus?
Einige Begriffe (Werte), die etwas angestaubt erscheinen, werden von der Patina befreit.
An folgenden Begriffspaaren soll gekratzt werden:
> Demokratie und Gleichheit <
> Identität und Ausschluss <
> Orte der Kunst und politische Wirkung <
Schließlich:
> Solidarität und Egoismus <
Auf die Fragen von Netzwerken und Allianzen wird in der Diskussion Bezug genommen.
Siehe auch: http://www.alton.at/juliane/texte/allianzenbildung

Solidarity = Widened Egoism?
Some trems (values) that seem already dusty, shall be cleaned from its covering.
We try to sratch at the following pairs of terms:
> Democracy and Equality <
> Identity and Exclusion <
> Positions of the Art and Political Effects <
Finally:
> Solidarity and Egoism <
Questions of networking and alliances will be taken into consideration during the discussion.
Look at: http://www.alton.at/juliane/texte/allianzenbildung


Abstract des Vortrages von Andrea Mayer-Edoloeyi

FIFTITU% - Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur in Oberösterreich
Erfahrungen, Modelle, Perspektiven feministischer Kulturpolitik
FIFTITU% hat sich zum Ziel gesetzt, für eine Symmetrie der Geschlechter in Kunst und Kultur zu sorgen. FIFTITU% engagiert sich kulturpolitisch, bietet Beratung und Information für kulturschaffende Frauen und organisiert öffentlichkeitswirksame Kunst- und Kulturprojekte.

Wir finden heute kaum PolitikerInnen, die nicht ein abstraktes Bekenntnis zur „Gleichstellung der Geschlechter“ ablegen würden - erst wenn es um die konkreten Veränderungen, um konkrete Umsetzung geht, wird die Sache kompliziert, mühsam, schwierig. Nur mit sehr konkreten Forderungen gelingt es auch Strukturen der Kulturpolitik zu beeinflussen.

FIFTITU% rückt die Leistungen und die Kompetenz von Frauen in den Mittelpunkt und kümmert sich wenig darum, was Männer in Kunst und Kultur tun. Gerade Künstlerinnen haben kein Interesse daran, zu lamentieren und als diskriminierte Opfer des Patriarchats dargestellt zu werden - eine Haltung im Sinne des Ende des Patriachats - es geht darum „der alten Ordnung die Allmacht und Allgegenwart absprechen“ .

Die Vernetztheit in der Kulturszene ist eine wichtige Vorraussetzung für das Tun von FIFTITU%. Wir gehen von der Praxis des Kulturbetriebs aus und entwickeln unsere Aktivitäten anhand der Interessen der Frauen. Das sind oftmals auch unsere eigenen Interessen, die Akteurinnen sind selbst Betroffene. Bei FIFTITU% gibt es keine Trennung von Theorie und Praxis. Das eine bedingt das andere.

FIFTITU% - Networking centre for women in art and culture in Upper Austria
Experience, models, perspectives of feminist cultural policies
The goal of FIFTITU% is symmetry of gender in culture and art. FIFTITU% is committed to cultural policies, offers assistance and information for female cultural workers and organizes publicly effective culture and art projects.

Today we scarcely find politicians who do not stands to an “equal treatment of gender” - but it gets complicated as soon as there is the need and urgency of concrete changes. Only with very concrete demands you can change structures of cultural policies.

FIFTITU% puts the achievements and competences of women into the center and cares little about what men do in culture and arts. Especially female artists are not interessed in lamenting and do not want to be perceived as the victims of patriarchy - this ist an opinion aiming towards the end of patriarchy - the aim is to negate the omnipotence and omnipresence of the old structures of power1.

Networking in the cultural field is a necessary prerequisite for the work of FIFTITU%. Our starting point is the practice in the cultural field and we develop our activities in the interest of women. Those interests often go together with our own interests, the activists are concerned for themselves. FIFTITU% does not separate theory and practice. The one is the reason for the other.


CV Juliane Alton
Geboren 1966 in Feldkirch, Vorarlberg
1984/85 Studienaufenthalt in Schweden
1985 - 1991 Studium der Theaterwissenschaft sowie der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Wien, Kulturmanagement an der Musikuniversität, Wien
1992 Hauptpreis beim Film- und Videofestival der Frauenfilminitiative im Filmcasino, Wien (mit Hageneder, Maringer, Pilz)
1995 Herausgabe des Handbuchs für Filmschaffende (Verlag Buchkultur, Wien)
1999 bis 2003 Geschäftsführerin der Interessengemeinschaft Freie Theaterarbeit, Wien
Seit 2002 Gerichtssachverständige, Fachbereiche: Urheberfragen aller Art und Theater
2004 Theaterpädagogin am Vorarlberger Landestheater
Seit März 2004 Geschäftsführerin der IG Kultur Vorarlberg und Vorstandsmitglied der IG Kultur Österreich


CV Andrea Mayer-Edoloeyi
geb. 1971, Kulturarbeiterin, Erwachsenenbildnerin. Seit 1996 beruflich in der Freien Kulturszene tätig, zuletzt Lehrgangsleiterin der ARTWORKS Gründerinnen-Werkstatt für Künstlerinnen. Vorstandsmitglied von FIFTITU% - Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur und KUPF - Kulturplattform Oberösterreich. Thematische Schwerpunkte: Kulturpolitik, Feminismus / Gender, Kultur und Arbeit, Bildungskonzepte. Derzeit Studium Theologie, Philosophie und Kunstwissenschaften in Linz.


CV Lise Skou
Studium an der Academy of Fine Art in Odense, DK. Sie gründete das CUDI/ Center for Urban Culture Dialogue and Information. Skou unterrichtet am Institut für Soziologie an der Unviersität Kopenhagen.


CV Karen Bernard
Performance Artist. Born in Massachusetts, studied Dance at the London School of Contemporary Dance. Founder and Producer of New Dance Alliance, lives in NYC.

Wednesday, 8. March 2006

Protokoll 7.3.2006

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Das sichtbare Unsichtbare
Feministische Aspekte der Kunst- und Kulturvermittlung in Museen und im öffentlichen Raum


Diskursführerinnen: Sabine Prokop, Petra Unger, Karen Bernard, Maureen Brennan, (an Stelle von Lise Skou) Jee-Eun Kim

Abkürzungen im Text:
SP - Sabine Prokop,
PU - Petra Unger,
KB - Karen Bernard,
MB - Maureen Brennan,
JK - Jee-Eun Kim,
AUD - Publikum,
DM - Dolmetsch

--> Abstracts des Vortrags am Ende des Protokolls

Autorin: Miriam Koller

Synopsis des Diskurses

Petra Unger bespricht in ihrem theoretischen Input eingangs die Entstehung des Begriffs Feminismus und dessen An- und Verwendung seit dem 19. Jahrhundert. Sie resümiert die Anliegen und Themen der so genannten ersten und zweiten Frauenbewegung und weist auf den zeitgenössischen Diskurs der Queer Theory hin.
In weiterer Folge bespricht Petra Unger die feministische Theorie als Werkzeug für die Kunst- und Kulturvermittlung und plädiert für eine Sichtbarmachung des Weiblichen auf mehreren Ebenen: es bedarf der Reflexion über die Darstellungen von Frauen in der Kunstgeschichte, über die Arbeiten von Künstlerinnen, die Problematik von Bildunterschriften und Hängungssituation im Ausstellungsbetrieb und über die Repräsentation von Frauen in den Bildern, Monumenten des öffentlichen Raumes.
Die Diskussion greift den Aspekt von „öffentlich“ und „privat“ auf und bespricht die Möglichkeiten einer queeren Identität außerhalb von stereotypen Geschlechterrollen.

Petra Unger talks on the genesis of the concept of Feminism and its use and practice since the 19th century. She resumes the concernes and topics of the first and second Women's Liberation Movement and refers to the contemporary discourse of Queer Theory.
Petra Unger considers Feminist Theory as an important tool for the conveyance of art and culture, and pleads for a visualisation of the Female on several levels: it is necessary - to reflect the representations of women in art history; to focus on the work of female artists; to think about the legends of artworks and their positioning.
The discussions takes on the concepts of privat and public and reviews the possibilities of a queer identity, without re-enacting stereoype gender roles.



Protokoll des Vortrages

SP: Ich moderiere die 1. Woche der Diskursschiene, habe das Ganze auch koordiniert.
Ich bin feministische Wissenschaftlerin, arbeite wissenschaftspolitisch, im Frauenförderungsbereich und vieles mehr.
Gestern, dem ersten Abend dieser Reihe, gab es eine Einführung in den Diskurs und die Themen. Diese Einführung gibt es auch wieder nächsten Montag.

Die Diskursschiene dient auch dazu, die Theorie mit den Künstlerinnen zu vernetzen und das Publikum mit einzubeziehen.
Der heutige Theorie-Input kommt von Petra Unger, die Kunst- und Kulturvermittlerin ist, sie arbeitet auch als Stadtführerin.
Als Künstlerin begrüße ich heute Jee-Eun Kim: Schauspielerin. Auch Maureen Brennan und Karen Bernard sind hier und Barbara Klein vom KosmosTheater.
Damit möchte ich Wort und Bild an Petra Unger übergeben.


PU: Meine „Karriere“ in dieser Branche begann als so genannte Fremdenführerin, später fand eine Umbenennung in Kulturvermittlerin statt. Als solche sehe ich mich auch - Vermittlerin von Kulturen, seien sie sozial, gesellschaftlich, geographisch unterschiedlich. Ich mache heute Stadtführungen auf Spanisch, Englisch und Deutsch und bei solchen Rundgängen fällt folgendes bald auf: die in der Öffentlichkeit erzählte Geschichte und damit auch die Rezeption ist keine vollständige: Frauen fehlen, Geschichten der Randgruppen fehlen.
Diese „Geschichtserzählung“ beginnt sich mit der 2. Frauenbewegung in den 1970ern Jahren zu verändern.
Ich habe mich am Rosa-Mayreder-Colleg mit Feministischer Theorie beschäftigt und diese mit meiner Arbeit verbunden - konkret mit meiner Arbeit in und für Museen - in der Kunsthalle, im Kunsthaus, in der Sammlung Leopold, in den Bundesmuseen, im Jüdischen Museum u.a. - bei Bedarf auch für einzelne Ausstellungen.
Zentral ist für mich, das „Querlesen“. Also mit feministischen Überlegungen die Kunstgeschichte der Klassik und die zeitgenössische Kunst zu betrachten.

Ich möchte hier noch meinen Begriff von Feminismus klären: Der Begriff steht schon lang im Raum, aber: was ist es eigentlich? Feminismus hat viele Theorien und Aspekte hervorgebracht.

Der Begriff wurde von Charles Fourier, einem Sozialutopisten, im 19. Jahrhundert geprägt. Er meinte mit diesem Ausdruck die Anstrengung zur Gleichberechtigung. Damit ist gemeint, dass der Grad der weiblichen Emanzipation auch Auskunft gibt über den Grad der allgemeinen Emanzipation einer Gesellschaft.
Die feministische Theorie spitzt diese Aussage zu und meint: die Position der Frau, ihre Stellung in der Gesellschaft, gibt Auskunft über den Grad der Zivilisiertheit.

Durch Fourier ging also der Begriff Feminismus in den Diskurs ein - auch wenn er zunächst negativ angewandt wurde: Olympe de Gouges wurde deshalb verurteilt, weil sie politisch engagiert und Feministin war.
Ihr Credo war: „Wenn Frauen das Recht haben, auf das Schafott zu steigen, sollten sie auch das Recht habe, auf die Rednerbühne zu steigen.“
Später haben Frauen im 19. Jahrhundert den begriff positiv aufgegriffen. Diese Zeit war sehr frauenfeindlich, kein Wunder also, dass sich eine solche Gegenbewegung formierte.
Es wird immer wieder an diese wichtige Epoche erinnert, nicht aber an die Frauen dieser Zeit. Die schufen sich Räume für ihre Vorstellung selbst: Frauensalons, um den öffentlichen Diskurs zumindest im Privaten mitgestalten zu können.

Eine der ersten wichtigen Theoretikerin war Rosa Mayreder. Sie hat viel publiziert, oft in Antwort auf den frauenfeindlichen Theoretiker Otto Weininger, aber auch gemeinsam mit Auguste Fickert („Die Dokumente der Frauen“).
Sie ist eine der Ersten, die das Geschlecht als sozial konstruiert begreift.
Von der Vorstellung, dass Weiblichkeit konstruiert ist, ist es nicht weit zum Dekonstruktivismus. Sie war aber in ihrer Zeit bald wieder vergessen und wurde in den 1960ern wieder aufgegriffen.

Die erste Frauenbewegung hat durch den 1. Weltkrieg einen Schwung erfahren - weil die Männer auf den Schlachtfeldern waren, konnten Frauen Arbeitsplätze erlangen.
Dann kam der Backslash - es gab zwar sogar Aneignungen gewisser Gedanken bzw. der Begrifflichkeiten von Seiten der NS-Frauen, dennoch wurde durch das Regime der Gedanke des Feminismus und der dazugehörige Diskurs zerstört.

Die so genannte 2. Frauenbewegung entstand ab den 1970ern vor allem auf Hochschulen.
Antrieb der Debatte war die Abtreibungsdiskussion, die in der Publikation eines Massen-Outings von Frauen, die abgetrieben hatten, in der Zeitschrift „Stern“ gipfelte.
Eine solche Diskussion und Demonstration fand auch in Wien statt - 1975 trat ein neues Gesetz in Österreich in Kraft, dass sehr liberal ist - dessen sind wir uns oft nicht bewusst. In Deutschland gibt es die Indikationslösung, die der Zustimmung eines Arztes bedarf, in Österreich die so genannte Fristenlösung.

Die 2. Frauenbewegung kümmerte sich im Gegensatz zur 1. Frauenbewegung nicht um zivile Rechte (wie Scheidung, Wahlrecht). Es geht vor allem um Themen wie Kindesmissbrauch, Gewalt gegen Frauen, Machtstrukturen. Vor allem im autonomen Bereich entstehen Hilfestellen.
Im Gegensatz dazu diskutieren die Parteifrauen in dieser Zeit, wie sie den Gedanken des Feminismus aufgreifen wollen: in Institutionen etwas für Frauen tun? Ist nicht die ganze Gesellschaft als patriarchal infiltriert?
Dies waren alles sehr „praktische“ Diskussionen. Anfang der 1980er entwickelt sich eine sehr breite Theorie dazu: diese vereint Psychoanalyse, Marxismus, die Theorien von wichtigen Philosophen wie Pierre Bourdieu, Michel Foucault, auch die Philosophin Hanna Arendt und ihr Machtbegriff wurde rezipiert.

Eine Autorin, die viel Diskussion hervorgerufen hat, war Judith Butler. Ihr Diskurs greift der die „herrschende“ Heteronormativität direkt an. Die wichtigsten Schlagwörter sind dabei die Queer Theory und Performativität.
Die Essenz ihrer Überlegungen ist, dass sowohl Mann als auch Frau sozial konstruiert sind.

Mein Standpunkt zur Verwendung der Feministischen Theorie ist: Feminismus ist en Analyseintrument um gesellschaftliche und politische Phänomene zu analysieren, ist ein Labor für Strategieentwicklung, ist eine Utopiewerkstatt, letztlich eine politische Haltung. Das Ziel ist für mich: größtmögliche Gleichberechtigung, Selbstbestimmung, Bewusstseinsbildung von und für Frauen.


Damit kommen wir zur Anwendung meiner Ideen in der Klassischen Kunst. Hier möchte ich einige Beispiele aus dem Kunsthistorischen Museum zeigen.
Es geht hier auch um Schönheitsideale, die in einem Museum präsentiert werden. Anhand dieser Repräsentation lässt sich sehr viel erzählen: vor bis zu 100 Jahrengalten üppige Frauen als schön- heute würden diese Frauen nicht so gezeigt werden.

Hier „Das Pelzchen“ (1635-40) von Peter Paul Rubens
Eine Frauendarstellung, die und mit einem aktiven Blick begegnet. Ähnlich wie seine Kollegen Tizian und Giorgione, malt er Frauen, zu denen ein direkter Blickkontakt möglich ist.
Es wird eine sehr selbstbewusste Frau dargestellt, aber auch das damals gültige Schönheitsideal.

„Susanne im Bade“ (1555) von Tintoretto
Auffällig ist die schöne Komposition des Bildes, im manieristischen Stil.
Susanne badet sich mit ihrem Spiegel, selbstversunken. Es geht mir vor allem um das Thema im Bild, nicht um die Komposition (die normalerweise von KunstvermittlerInnen hervorgehoben wird).
Hier virulent ist der Topos der sexuellen Belästigung: beim intimen Baden wird die keusche Ehefrau von 2 Männern beobachtet. Die Männer beschuldigen Susanna nach einer versuchten Vergewaltigung, ihrerseits der Verführung. Susanna wird aber freigesprochen (im Gegensatz zur Geschichte und Darstellung der Lucretia). Sex. Gewalt in der Kunstgeschichte sollte diskutiert werden, wird aber normalerweise nicht aufgegriffen und die Bildbeschreibung bleibt oberflächlich bei der Technik.

Weitere Beispiele lassen sich bei Egon Schiele finden.
Er hat zur Jahrhundertwende gearbeitet und wichtige Themen bei ihm waren Selbstdarstellung, Vergänglichkeit, Sexualität.
Gerade zu dieser Zeit war die Sexualität ein großes Thema der Wissenschaften.
Diese Thematisierung fand nicht nur in der damals entstehenden Psychoanalyse statt, sondern auch in erotischen Bildern.
Egon Schiele hatte eine außergewöhnliche Rolle: er war ein „Enfant terrible“ der Kunstszene. Er zeigt das hässliche des Körpers, nicht das Schöne, Wunderbare.
Es geht um den kranken, amputierten Körper.
Im Zusammenhang mit seinen weiblichen Darstellungen ist wichtig: er malt die Frauen nackt: masturbierend, im hetero- und homosexuellen Akt beschäftigt.
Egon Schiele arbeitet hart an der grenze zur Pornographie.
Geschlechtsteile werden übergroß dargestellt, mit Farbe oft noch einmal hervorgehoben. Problematisch ist: die Frauen sind lasziv, haben oft keinen Blick (das Bild lässt also eine voyeuristische Betrachtung zu!).
Ein weiteres Bild von Egon Schiele macht diese Punkte noch einmal klar: die Modelle werden anonymisiert.

Der weibliche Körper wurde im 19. Jahrhundert massiv sexualisiert, für den Mann schon beinahe gefährlich. Frau-Sein bedeutet jetzt nicht nur Reproduktionsarbeit, es wird sexuell aufgeladen - was in der Kunst starken Niederschlag findet.
Schieles Bilder sind zB Auftragswerke - es ist also nicht nur die Erkundung seiner eigenen Phantasien.

Die modernen Antworten darauf sind zum Beispiel:

Carolee Schneemann. Sie ist nicht nur feministische Künstlerin, die multimedial gearbeitet hat. Ihre Themen waren der Körper, Einschreibungen und Gender.
Ein wesentlicher Bestandteil ihrer Kunst und der Peformance-Art der 1970er allgemein war der Einsatz des eigenen Körpers.
Schneemann war eine der ersten, die sich selbst inszeniert hat.

Auseinandersetzung mit Weiblichkeit fand auch bei Niki de Saint Phalle statt, vor allem in ihren so genannten Schießbildern. Erst später erklärte sie, dass dies eine Auseinandersetzung mit dem an ihr verübten sexuellen Missbrauchs war.
Sie brach ein klares Tabu: eine jungfräulich inszenierte Frau, die schießt, einen symbolischen Mord verübt.
Gegen Ende ihrer Karriere wendet sie sich weg von aktionistischer Kunst und kreierte die berühmten „Nanas“- die von Feministinnen oft kritisiert wurden (sie würden Frauen auf die reine Körperlichkeit und Reproduktionsarbeit reduzieren).
Aber ihre Arbeit der „HON-Kathedrale“ (eine riesiger, begehbarer Frauenkörper) evoziert aber wieder eine feministische Auseinandersetzung.
Valie Export, deren Fotos hier auch hängen, arbeitet in Österreich mit diesen Themen.
„Genitalpanik“, ein Bild von ihr, thematisiert den Freier Blick auf ihre Vagina - und das in einem Land, das in den 1060ern noch erzkonservativ strukturiert ist.
Um auf den permanenten Sexismus aufmerksam zu machen, veranstaltete sie das „Tapp- und Tastkino“ -auch wieder mit dem Einsatz des eigenen Körpers.

Ein kritisches Querlesen der klassischen Kunst und feministisch arbeitende Künstlerinnen sind ein Thema, ein anderes ist prinzipiell: wie viel „Frau“ wird im Museumsbetrieb zugelassen.
Diese frage stellen zB die Guerilla Girls. Sie diskutieren in humorvolle Weise die absolute Unterrepräsentation von Frauen im Kunstbetrieb und an Universitäten (5%).

AUD: Wir haben gerade heute gehört, dass die Akademie der Bildenden Künste einen guten Schnitt diesbezüglich hat.

PU: Ein weiteres Feld der Diskussion ist das Thema der Bildbeschriftung.
Hier ein Bild von Isabella D'Este. Sie war Förderin, zB von Tizian, und Unternehmerin.
Im Kunsthistorischen Museum sind 2 Bilder von ihr. Bis vor einem Jahr ist neben den Bildern folgende Bildbeschriftung gehangen: „...sie war bereits über 60, aber immer noch putzsüchtig“.
Diese Beschreibung ist mittlerweile nicht mehr da, stattdessen steht „sie war sehr modebewusst“.
Es geht also nicht nur darum, sich das Bild anzusehen, sondern auch, wie damit umgegangen wird.
Diese Bildunterschriften sind meistens anonym - und daher auch nicht diskutierbar und werden daher allmächtig. Die Hinterfragung ist daher auch ein feministisches Mittel der Kunstbetrachtung.

Hier ein Bild der Sammlung Leopold.
Eine Frau, porträtiert von Ferdinand Andri. Eine junge Arbeiterin, mehrmals von ihm in verschiedenster Aufmachung gezeichnet. Dieses Bild war vormals beschrieben als „Sitzende im roten Kleid“. Ihr Name war Helene Zarci. Ein bei einer meiner Führungen anwesender Mann machte mich darauf aufmerksam.
Ich wandte mich also an die Museologische Abeilung, dass nun endlich der Name in der Bildunterschrift eingesetzt werden könne. Erst durch eine spätere Diskussion, ob dieses Bild eine Frau oder ein Kind darstellt, wurde meine Forderung ausgeführt.

Auch durch eine Hängung kann eine Geschichte erzählt werden, entsteht ein Kontext.
Die Sujets dieser Ausstellung von Ernst Jansen versus Egon Schiele waren sehr ähnlich.
Rudolf Leopold hat prinzipiell den Anspruch, sämtliche Werke in letzter Instanz selbst zu hängen, was er mit ästhetischem Empfinden argumentiert - was die Arbeit als KunstvermittlerIn natürlich schwer macht, weil so häufig die Chronologie fehlt.

In dieser Ausstellung wird durch die Hängung von 2 Bildern folgende Geschichte erzählt: ein Mann nähert sich einer Frau von hinten, die quasi für ihn sexuell Verfügbar wird.

Feministische Praxis in Kunst- und Kulturvermittlung bedeutet also: die
- Reproduktion von Geschlechterstereotypen im Museums und Austellungsbetrieb einerseits, die Präsenz von weiblichen Modellen, Künstlerinnen, Mäzeninnen andererseits bewusst machen
- Bild- und Raumtexte kritisch betrachten
- Thematische Zugänge neben den kunsthistorischen wählen
- Geschlechtertrennung bei Kinder- und Schulprogrammen
- Unterschiedliche Assoziationen bei BetrachterInnen achten und darauf eingehen

Oft ist so eine Geschlechtertrennung notwendig, weil eine Auseinandersetzung sonst nicht funktioniert. Buben und Mädchen gehen anders mit zB erotischen Bildern um. Diese Reaktionen und Irritationen müssen aufgegriffen werden.


Noch ein kurzer Ausflug in den öffentlichen Raum:
Ich untersuche für die Bezirke die Geschichten und Bilder in der Stadt -
Es sind übrigens, einer Studie zu Folge, 98% der Straßennamen, Denkmälern etc Männern gewidmet!

Hier die Pallas Athene: die Göttin der Weisheit und Gerechtigkeit vor dem Parlament. Eine durch und durch weibliche Darstellung.

Selten sind Denkmäler wirkliche Frauen - eher Allegorien. Eine Ausnahme ist zB das Denkmal der Maria Theresia oder das der Sissi im Volksgarten. Interessant dabei ist, im Vergleich mit dem benachbarten Reiterdenkmal, dass sie, als bewegte Persönlichkeit, im Stillstand monumental dargestellt wird.
Der Rückzug, der ihr aber auch sehr wichtig war, wird dem doch gerecht: sie ist in einem abgelegenen Platz positioniert.

Hier die Wiener Pestsäule. Eine junge Frau mit einem Kreuz blickt gen Himmel, eine alte nackte Frau stützt währenddessen in den Tod.
Hier wird schon einer sehr aktueller Diskurs aufgegriffen: Jung siegt über alt. Das Böse ist alt, nackt, krank.

Dann kommen wir noch zu einem Beispiel einer KünstlerIN im öffentlichen Raum. Hier „Die Wächterin“ von Ulrike Truger. Die Aufstellung wurde zur blau-schwarzen Regierungsangelobung gemeinsam mit anderen Frauen von ihr „illegal“ aufgestellt und wurde letzten Endes bewilligt. Das Monument wurde Markus Omofuma gewidmet und steht heute vor dem MQ.

Hier das letzte Beispiel: das Juden- und JüdInnendenkmal in Wien.
1988 gab es das offizielle Gedenkjahr zu dessen Anlass ein Denkmal an Alfred Hrdlicka in Auftrag gegeben wurde. Ein sehr expressives Monument entstand, dass von der jüdischen Gemeinde (besonders von Simon Wiesenthal) heftig diskutiert wurde: das Grauen wurde jeden Tag aufs Neue hergestellt.
Hrdlicka widmete, sehr österreichisch, das Monument auch allen Opfern des Krieges (also auch Österreich als angebliches Opfer).

Rachel Whiteread, eine Engländerin gewann die Neuausschreibung für ein Denkmal, dass allein den jüdischen Opfern gewidmet ist. Es wurde ein hohler Raum, der die Leere thematisiert, die durch den Holocaust entstand. Wir sehen das Relief von Bücherseiten an der Außenwand - damit wird das jüdische Wissen thematisiert.

Abschließend möchte ich folgenden Satz als Überlegung anführen: Wer repräsentiert wen in welchem Kontext?


Protokoll der Diskussion

SP: Vielen dank für diesen ausführlichen Vortrag über die Wiener Kunstszene.
Ich beschäftige mich mit diesem Thema auch schon seit Jahren, hab auch einige Punkte für die Diskussion angemerkt. Ich möchte das Wort aber zuerst an das Publikum und an die Künstlerinnen geben.

KB: Hearing this makes me more aware of my work. Recently “The Times” refered to me as an old, dumpy body. This male review was so post-war-style. (…)

AUD: Bitte um Übersetzung!

DM: Es geht um die 2 unterschiedlichen Sichtweisen ein- und derselben Performance von einer Frau und einem Mann.

MB: It made me think of the book „The Crown“ of Barbara Walker.

DM: Es ist ein Buch, das die Angst vor dem Altwerden thematisiert.

SP: Es gab ja auch die Geschichte von der Darstellung von alten Frauen, die in offiziellen Portraits sehr viel jünger inszeniert werden als in Selbstdarstellungen.

AUD: Offenbar darf es nicht sein, dass eine 60jährige noch erotisch ist.

PU: Beziehungsweise ob eine solche noch eitel sein und sich schön machen darf.

AUD: Mich würde interessiert, wie Sie die Ausstellung von Schiele in der Albertina sehen - auch bezüglich Hängung, Beschriftung.

PU: Sie ist sehr viel besser als andere. Thematisch geordnet, auch stilistisch. Anhand der Bildbeschriftungen lässt sich sagen: Erotik ist ein Tabu. Es wird nur angedeutet.
Pornographie möchte ich hier nicht negativ abwerten. Es kann doch in der Kunst stattfinden! Nur das problematisch ist, dass es nicht benannt werden darf.
Die Albertina hat sich bemüht, es ist aber immer noch dieselbe Herangehensweise.

MB: I saw the exhibition and I always thought, that he was only a pornographic artist and I'm glad that he is so much wider. I enjoyed the exhibition. (…)

DM: Interessant war für Maureen auch, wie BesucherInnen auf die Ausstellung reagiert haben.

AUD: Wie gehen Sie mit nicht-feminsitsch-aufgeklärten Menschen in einer Vermittlungssituation um?

PU: Für mich ist eine Vermittlungsarbeit gelungen, wenn Diskussion stattfindet. Auch wenn dies oft über eine Provokation erfolgt.
Wir leben in einer Postmoderne, in der es nicht korrekt ist, eine bestimmte, klare Haltung einzunehmen. Alles soll offen und vage bleiben.
Andererseits habe ich sehr gute Erfahrungen mit meiner klaren Position, das Publikum will das eigentlich auch.
Was ich auch in Vermittlungssituation beobachte, mit gemischt-geschlechtlichem Publikum, ist eine gewisse Wanderung: am Anfang sind die Männer vorne und witzeln, während der Führung wandern die Frauen nach vorne und mischen sich ein (über die Darstellung der Frauen-Leben und Frauen-Darstellungen). Wichtig ist dabei auch der Generationenunterschied. Die jungen Frauen leben mit dem Mythos, dass wir eh schon emanzipiert sind und sehen keine Notwendigkeit. Die älteren, die schon als Mütter vielleicht an gläserne Decken gestoßen sind, diskutieren oft noch radikaler.

JK: The use of the female body and your deconstructing was very useful. What I find interesting is the discussion of private and public.
I still try to understand, what is private and what is public. I went through language, to the roots of what and how we think. I wanted to ask, what you think is the “utopia” you mentioned. (…)

DM: Ein Lob des Vortrags einerseits, der Gegensatz von öffentlich und privat andererseits, war der Inhalt des Statements Feminismus und Utopie: wie ist das weiter zu denken? Was June weiter interessiert, ist der Umgang mit Sprache - weil in ihrer Arbeit der Körper keine große Rolle spielt.

PU: Vor 100 Jahren war alles viel einfacher. Die Teilung von privat und öffentlich fand damals statt - Repräsentation/Arbeit versus Reproduktionsraum. Auch wenn es GrenzgängerInnen gab. Früher durften Frauen nur gemeinsam mit Männern ins Cafehaus. Es war also sehr klar, was ist privat und was ist öffentlich (für Frauen nicht existent).
Spätestens seit diversen Fernsehshows ist diese Trennung verwischt: ich kann darauf also keine klare Antwort mehr geben. So bald ich eine Webcam in meiner Wohnung aufstelle und mich im Internet präsentiere, bin ich nicht mehr privat.
Ein anderer Gedanke in diese Richtung ist das Stück „patriot act“ hier, wo die Privatsphäre als schützenswerter Raum in Amerika angegriffen wird.
Wir müssen also darüber nachdenken.
Zu meinem Begriff der Utopie: wie die ersten feministischen Gedanken zu zivilen Änderungen formuliert wurden, war die Frage tatsächlich: ist das Utopie, wird das je funktionieren?
Daneben gibt es in der Theorie eine wirkliche Utopieproduktion. Vielleicht in 50 Jahren möglich, heute noch undenkbar, werden utopische Modelle gedacht: männerfreie Städte etc.

MB: I have the feeling, we as women have been lacking in art and in cinema. I have been reflecting on that. What I experience as woman in a creative feminist world - when get we to the point, that we can develop? All is created for and by man. I feel like an embryo - and I wait until we can emerge. (…)

DM: Gibts so etwas wie eine weibliche Perspektive, einen weiblichen Blick?

PU: First of all I had the feeling that I always had some extra work to do. Searching for representation. But now I find so much: made by women etc. There are so many books on art and reflections on female art. I think that there is so much material.
Now I am not looking for the female part in me. Therefore I think that queer theory is the real new and progressive concept. I am not searching for the female inside of me, because I got so many male parts inside of me as well.
We have to brake with the concept of male and female. I love to switch, to act like a man in one moment, as a woman in the next.
That's my utopia. To meet a person and I can't say straight ahead: this is a man or this is a woman.
The fact is, I have a female body and I have to deal with this. Important is, not to get back to old roles. What am I, if I'm not behaving like a woman?

MB: Its something beyond the roles for me. It's just an experience of being. That's not male or female. We should just experience this experience. To me it's still intellectual and philosophical. I am searching for the pure experience, not for a good book by a feminist.

PU: I think, if you have the consciousness, it helps a lot. Being a woman is not enough - because there are still so many reactionary women. Nowadays, in the 21. Century, we find out, that even the body is a gendered performance.
It should be like a method, like a fitness training: you should be aware off it and create something new.

AUD: Wie weit kann die Dekonstruktion gehen? Brauch ich die Rollenspiele? Wie weit kann ich mit der Sprache gehen? Das ist ja ein Problem des Dekonstruktivismus allgemein. Wie gehe ich damit um - wenn alles konstruiert ist (historisch, sozial) - wie kann ich mich davon lösen. Ein Loslösen von den Rollen kann nur mit genau diesen Rollen funktionieren.

PU: Das ist genau das Paradoxon. Ich kann nicht ab heute von der Geschichte losgelöst arbeiten. Wichtig sind für mich dabei das politische Bewusstsein und der Umgang damit.
Ich glaub an beides.

AUD: Ich bin ganzheitlicher Philosoph. Ich meine, dass unsere Gesellschaft trotz Demokratie immer noch eine Herrschaftsgesellschaft ist. Es gelten noch immer Verbote (auch religiös) - die gelten aber für beide, Frauen und Männer.
Meine Antwort ist, dass der Mensch zu sich selbst finden muss. Wo ist meine Stärke? Dann gehe ich in die gesellschaftliche Initiative.

PU: Ich glaube, es ist ganz notwendig, dass die Männer in den Spiegel schauen. Über sich selbst nachzudenken ist momentan vor allem für Männer notwendig, die Feministinnen tun das ja schon lange.

SP: Ich will zum Abschluss zurück ins Festival führen. Sprache, Realität, Theorie: findet ja auch in der Performancekunst statt, nicht nur als gesprochene Sprache, im Diskurs. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen noch einen schönen Abend beim Festival.


Abstract des Vortrages

"Do women still have to be naked to get into the Met Museum?" fragen die seit 1985 anonym agierenden Guerilla Girls. Eine Gruppe von Aktivistinnen, die mit Plakat- und Postkartenaktionen sowie mit öffentlichen Auftritten auf den Ausschluss von Frauen aus dem Kunstbetrieb aufmerksam machen.
Die Erkenntnisse der feministischen Geschichts- und Kunstgeschichtsforschung der letzten Jahrzehnte ergeben, dass Frauen zu allen Zeiten, in allen Epochen Kunst/Geschichte geschrieben und gestaltet haben. Ihre Leistungen werden jedoch nach wie vor nicht in derselben Weise gewürdigt wie jene von Männern. Weder in kunst/historischen Büchern, noch im öffentlichen Raum in Form von Denkmäler und Gedenktafeln, oder in den Ausstellungen der verschiedensten Museen. In der Kunstvermittlung kommen Frauen ebenso wenig vor wie sie im Alltag mit-gemeint sind oder nur in veralteten Stereotypen.


CV Petra Unger
Kunst- und Kulturvermittlerin. Akademische Referentin für feministische Bildung und Politik
1966 in Wien geboren, arbeitet seit über 10 Jahren engagiert in den verschiedensten Bereichen der Kulturvermittlung.
Als geprüfte Stadtführerin mit den Sprachen Deutsch, Spanisch, Englisch vermittelt sie Themen und ungewöhnliche Sichtweisen aus Geschichte und Kultur der Stadt Wien.
Als Kulturvermittlerin in Museen ist sie in der Sammlung Leopold tätig.
In ihrer Eigenschaft als Akademische Referentin für feministische Bildung und Politik vermittelt sie als besonderes Schwerpunktthema Frauengeschichte unter kritisch-feministischen Aspekten. Hierzu veranstaltet sie Vorträge, Lesungen und Seminare.
Zur Geschichte der Geschlechterstereotypen und der Ersten Frauenbewegung in Österreich
"Gender, oder was?"
Zur Geschichte der Zweiten Frauenbewegung und feministischer Theorieentwicklung
"Gender Mainstreaming, aber wie?"
Geschichte Interpretationen, Anwendungsbereiche, Chancen und Risken von Gender Mainstreaming


CV Karen Bernard
Performance Artist. Born in Massachusetts, studied Dance at the London School of Contemporary Dance. Founder and Producer of New Dance Alliance, lives in NYC


CV June Kim
Interaktive Performance und Video Artist.
She lives in sweden and teaches in a Postgraduate Programme in theory and arts.


CV Maureen Brennan
Director, works with Karen Bernard. Lives in NYC

Tuesday, 7. March 2006

Protokoll 6.3.2006

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Transformation- Globalisierung

Birgit Sauer, Barbara Klein und Margit Niederhuber

Abkürzungen im Text:

prok- Sabine Prokop
birgit- Birgit Sauer
barbara- Barbara Klein
margit- Margit Niederhuber
au- audience
malgor- Malgorzata Bujnicka
karen- Karen Bernhard

Autorin: Elisabeth Seyerl

Am Ende des Textes ist ein Abstract davon und CV von Birgit Sauer

Synopsis des Diskurses

Als Hauptgästin des Abends spricht die Politikwissenschaftlerin Birgit Sauer mit Barbara Klein, Margit Niederhuber, Sabine Prokop und dem Publikum über die grundlegenden Veränderungen der Gesellschaft seit ca. 1989, Stichwort Globalisierung, und deren Auswirkungen auf das Leben von Frauen und auf die Geschlechterbeziehungen allgemein. Dabei wird auch das Kunstprojekt der polnischen Künstlerin Malgorzata Bujnicka angesprochen, welches sich mit Migrantinnen, welche unter anderem von Frauenhandel betroffen sind, und ihren Geschichten auseinandersetzt. Weiters wird auch die allgemeine Lebens- und Arbeitssituation von Künstlerinnen heutzutage besprochen, auch mit Bezug auf die persönliche Situation der Vortragenden selbst.

Birgit Sauer, the main guest of the evening, discusses with Barbara Klein, Margit Niederhuber, Sabine Prokop and the audience the changes in society since the year 1989 related to globalisation, and the effects on women’s lives and the relationship between the sexes. The art project of the polish artist Malgorzata Bujnicka, which deals with female migrants, who suffered from women trafficking, and their stories, is mentioned. The discussion also deals with the common situation of female artists nowadays, for example the personal stories of the women present at the discussion.


Protokoll des Vortrages und der Diskussion

prok- Ich heiße Sabine Prokop, ich komme aus dem Arbeitsfeld Kunst, Wissenschaftskultur und arbeite auch in der Theaterwissenschaft, unter anderem. Heute ist unsere Hauptgästin Birgit Sauer, aber wir haben auch Barbara Klein und Margit Niederhuber hier, die direkt intensiv mitarbeiten. Barbara Klein ist hier vom Kosmos Theater, sie ist die Festival Leiterin, das Kosmos Theater selbst leitet sie auch schon seit Jahren. Es ist aus einer Bürgerinitiative entstanden, derzeit ist es besonders gefährdet. Aber das Festival jetzt ist großer Erfolg, fängt gut an. Ich übergebe dir mal das Wort zur Idee und zum Grundkonzept des Festivals.

barbara- Danke, ich möchte nicht das selbe erzählen wie zur Eröffnung. Nur ganz kurz zur Idee, es geht, der Name des Vereins, der dieses Haus hier führt ist link, das englische Wort link, es geht um verbinden, das ist das, wofür das Kosmos Theater errichtet wurde und das ist auch der Sinn des Festivals. Auf mehreren Ebenen. Einerseits mit dem Ziel, Künstlerinnen in den Vordergrund zu stellen, ihre Vorstellungen und Wünsche, ihre Vorbildfunktion zu beachten präsentieren. Weil ich denke, und das ist auch die Grundidee von diesem Haus hier, dass es neben sozialpolitischen und gesellschaftspolitischen Ansätzen für Feminismus auch einen kulturpolitischer Ansatz geben muss. Das heißt, eben weil Frauen auf den Bühnen, in den Ausstellungsräumen unterrepräsentiert sind, weil sie nicht in den entscheidenden Positionen sind, das es, wie in anderen Bereichen auch, eine gläserne Decke gibt.
In Kunst und im kulturpolitischen Bereich ein neuer und guter Ansatz sein könnte, weil es mit allen menschlichen Beziehungen zu tun hat. Weil es um eine Vorbildfunktion geht, hier wird die kollektive Unbewusste verhandelt, auf der Bühne, in den Ausstellungsräumen. Dieser Ansatz war Teil des ersten Schritts, in dem wir an die Kulturräume und die VeranstalterInnen in diesem Bezirk herangetreten sind um ihnen dieses Künstlerinnen Festival nahe zu bringen. Und es hat geklappt, es gibt eine tolle gemeinsame Ressourcennutzung , es ist eine neue ökonomische Idee, zu sagen, wir haben alle haben kein Geld, aber es gibt bei dieser Veranstaltung links zu den Ressourcen auf Bezirksebene und das ist eine Plattform, auf der wir das Festival aufbauen konnten und somit die Gäste und Künstlerinnen aus den 20 Nationen einladen können. Wichtig war uns, dieser Diskurs, Kunst und Wissenschaft zusammenzubringen und zu schauen, was kann aus diesem Dialog entstehen, finden wir neue Erkenntnisse, gibt es Aktionen die entwickelt werden können oder sogar einer Resolution, wo wir sagen, es gibt große unterschiede zwischen den Nationen, aber es gibt auch Gemeinsamkeiten, was können wir nach Außen tragen, in einem politische Kontext sehen und vielleicht Forderungen, ….es gibt viele Möglichkeiten, auch was dieses Festival betrifft. Es gäbe die Möglichkeit, dies zu einer Einrichtung zu machen, oder ein Rotationssystem in den verschiedenen Städten, oder das es auch hier wieder stattfindet. Wichtig ist Nachhaltigkeit, nicht das man die Künstlerinnen nach dem Festival abhacken, Wir wollen Widerstand und eine Veränderung der Situation herbeiführen.

prok- Für dich Margit, du arbeitest auch in einem Bereich der eine Mischung aus Kunst und Wissenschaft darstellt. Hier hast du die Leitung und hast auch am Konzept mitgearbeitet. Ich würde dich bitten das Festival aus deiner Sicht zu beschreiben.

margit- Also der Titel „her position in transition“ , ich möchte nur kurz zeigen, wie sich der Titel in Projekten, die wir ausgewählt haben, spiegelt. Es gibt eine Sehr breit Beschäftigung mit dem Thema des Übergangs und des Wechsels.
Es gibt sehr unterschiedliche Herangehensweisen. Manche Künstlerinnen haben sich im Rahmen eines Tanzperformance, in dem es um einen persönlichen Wechsel von Jung zu Alt geht. Andere haben sich damit, mit der Frage von digital sein oder nicht digital sein.
Manche stellen sich Fragen über das im Internet diskutieren. Einige arbeiten mit Musik andere mit Kleidungsstücken, über wird die Frage gestellt, wie ist die Situation. sehr breites Programm Sehr konkret beschäftigt sich mit der Frage eine Installation im Lux, ein Theater im Lux, wo eine junge polnische Künstlerin Interviews mit Frauen die aufgrund von Arbeitsverhältnissen oder durch Sexhandel in ö gelandet sind. Es gibt Tascheninstallation, wenn man diese öffnet, hört man was die Frauen dazu sagen.
Es geht immer um Veränderungen, das ist die Idee dahinter, dazu hat auch Birgit Sauer einen ersten text dazu geschreieben. Ich sage im Moment nicht mehr dazu.

prok- Ich möchte kurz einen Überblick über die Diskurswochen geben. Heute geht es um die Grundeinführung, was ist der Grundgedanke dahinter. ( siehe Programmheft). Das Programm liegt auch auf.
Dann kommen wir zur heutigen Hauptgästin. Birgit sauer, sie ist Politikwissenschaftlerin , hat an verschiedene Unis gewirkt. Ist also im wissenschaftlichen bereich verortet, du wirst dazu deine Grundgedanken vortragen

birgit- Vielen Dank. Wir haben schon gehört, dass die Grundidee das Festivals ist, es in einen politischen Diskurs einzubetten und die Erklärung, was ist Transformation, was sind Ursachen und Konsequenzen für Frauen, für Männer, für Geschlechterverhältnisse, auch für politisches Handeln, für Staaten und auch für Gesellschaften. Wir wollen versuchen mit einem sozialen und Politikwissenschaftlichem Zusammenhang in den Diskurs mit den Künstlerinnen zu treten. Was ich versucht habe ist, zu fragen, was ist Transformationen, was verändert sich? Ein Stichwort steht im Titel: Globalisierung, als ein Phänomen der letzten 15 Jahre, es gibt den Begriff Neoliberalismus der im Zusammenhang mit Globalisierung genannt wird, wobei man den Abbau von stattlichen Regulierungen in unterschiedlichen Bereichen meint, die globale Ausdehnungen einer westl., als kapitalistischen Lebensweise und Arbeitsweise, und spätestens seit 2001 sind wir damit konfrontiert, dass davon Gegenbewegungen hervorgerufen werden.
Die Frage ist, in welche Richtung geht diese Dynamik. Wir haben diese Frage im Kontext von den neuen kriegen, Terrorismus eine form dieser neuen kriege. bei uns im westen gibt es eine lange Debatte darüber, dass eigentlich Politik eigentlich am Ende, man kann damit eigentlich nichts erreichen, dass sie von Ökonomie gefangen genommen ist, dass man Sachzwängen gehorchen muss.
Diese bereiche bezeichnen Übergänge, das Jahr 1989 wird immer wieder als Ausgangspunkt dieses Wandels genannt, der Zusammenbruch realsozialistischer Staaten. Es geht jetzt um die Frage aus feministischer und geschlechtsspezifischer sicht.
Es gibt zwei Richtungen. Einerseits, welche Auswirkungen haben diese Veränderungen auf das auf Leben der Frauen, lieben, leben und auch auf politisches Handeln. Die Frage des Handelndes Eingreifens, was kann man zur Verbesserung der Situation tun.
Das wäre der zweite Aspekt. Und ein dritter Aspekt wäre, zu sagen, inwieweit sind Geschlechterverhältnisse selber antreibende Verhältnisse für diese Veränderungen. Wenn man sagt, es ist nur die böse globalisierte Ökonomie schuld und der Rest der Welt ist das Opfer eines Sachzwangs von ökonomischen Eliten. Aber es sind nicht nur die Eliten, sondern auch Männer und Frauen können etwas verändern. Die Kunst in „her position in transition“ fragt nach der Subjektivität und Position von Frauen im Veränderungsprozess, die Subjektive ebene, die Handlungsdimension. Und man hat natürlich auch die Ebene von Systemen, von Kulturbetrieb, die Dimension, aber auch die politische Dimension von Staaten. Diese Ebene und das Zusammenspiel ist aus Wissenschaft und Künstlerischer Perspektive spannend. Das ist interessant. Wenn man Frauen nur als Opfer sieht, entmächtigt man sie. Sicher sind Frauen und Künstlerinnen mehr betroffen von Arbeitslosigkeit und Geldeinsparungen als Männer.
Aber die Opferperspektive der Frauen bedeute ihnen die Handlungsfähigkeit abzusprechen. Wichtige Fragen sind, wie kann man den Handlungsstatus von Frauen herstellen. Ausserdem sind die Transformation der Ökologie nicht nur zu Lasten der Frauen.
Ja, viele Prozesse gehen zur Last der Frauen im Westen und der 3. Welt, aber es gibt auch Gruppen von Frauen die davon profitieren. Traditionelle Geschlechterverhältnisse verschieben sich, neue Unterschiede entstehen, der soziale Unterschied zwischen Frauen wird relevanter und ethnische Unterschiede werden immer deutlicher. Als Beispiel die Migrantinnen in Österreich. Sie machen dequalifizierte Arbeit. Es gibt eine Ambivalenz von unterschiedlichen Frauen im Transformationsprozess.
Was manche sagen und fragen, ist, und es gibt eine lange Diskussion, dass es keine Frauenbewegung mehr gibt, dass sie tot ist. Das kommt aus verschiedenen Ecken. Einerseits aus dem Feministische Diskurs selbst: Können Frauen überhaupt für Frauen sprechen? Gibt es eine einheitliches Geschlecht Frau, wie kann Solidarisierung aussehen, wenn es große Unterschiede zwischen Frauen gibt? Das sind Fragen die noch nicht geklärt sind. Wir haben versucht im wissenschaftlichen Text zu überlegen, wie kann man diese Transformationen und Veränderungen in Begriffe fassen und wie passen die Geschlechterverhältnisse dahinein.
Wir sind zu Fünf Grenzverschiebungen gekommen. Die Frage von Grenzen, Entgrenzung ist zentral für die Vorstellungen von Übergang und Transformation. Diese fünf Grenzverschiebungen sind einerseits Verschiebungen von zwischen Staat und Ökonomie. Also die Veränderung von Arbeit und Produktion, der Rückzug vom Staat aus Arbeitswelt. Das führt dazu,, dass sich Dinge verschieben, zum Bsp. bedeutet es eine Feminisierung von Arbeit und aber Gleichzeitig auch eine Wiedervermännlichung von Staatlichkeit. Die Gleichstellungspolitik hat bewirkt, dass stattliche Institutionen weiblicher geworden sind, aber man kann sehen, dass diese Bereiche begrenzt sind. Eine zweite Grenzverschiebung zwischen Staat und Familie. Auch hier kann man sehen, dass das, was als privat verstanden wurde, zunehmend veröffentlicht wurde, es mehr staatliche Regulierungen gibt.
Diese Grenzverschiebung ist damit verbunden, dass Staatliche Dinge in den Bereich Familie und Individuum verlagert wird und Individuen sollen selbst Entscheidungen treffen, sie müssen ein Risiko aufnehmen und es gibt keine vorgegebenen Biographien, in dem Sinn. Die Dritte Verschiebung wäre zwischen Ökonomie und Familie. Einerseits die muss die Frage von der Reproduktion neu entworfen werden. Die Reproduktion wird zur Entscheidung der Frau. Gleichzeitig werden die Entscheidungsmöglichkeiten aber auch beschnitten und hier wird die Ökonomisierung des Lebens deutlich. Zwischen kapitalistischer Ökonomie und privater Ökonomie sind die Grenzen fließend. 4. Zwischen öffentlich und privat, das wird immer wieder Neu definiert. Aber was als privat und subjektiv gilt wird immer mehr zur Ressource für Ökonomie wird und politischer Gestaltung. Um den Begriff von Foucault, Gouvernementalität, hier einzuführen, der meint genau das. Die 5. Grenzverschiebung ist die zwischen Nationalen und internationalen Kontexten, Entgrenzung und Begrenzung. In Europa haben wir Schengen, was einen Ausschluss von Migrantinnen bedeutet.
Und gleichzeitig aber auch die Integration von internationaler Arbeit in nationale Kontexte. Bsp. Arbeitsteilung,.., ethnisierte Arbeitsteilung. Die Produktionen kommen von der 3.Welt in die 1. Welt hinein. Es gibt aber auch die völlige Erosion von Nationaler Politik, aber doch die Verlagerung von Politik auf eine internationale Ebene. Alle diese Bruchlinien haben Auswirkungen auf die Geschlechterverhältnisse. Die Grenzverschiebungen brauchen aber diese Ungleichheit, damit sie funktionieren.
Aus diesen Bruchlinien heraus entstehen Themen, die den Diskurs begleiten und die Künstlerischen Projekte.
Ein großes Thema ist die Frage von Migration und Flucht, Heimat, Heimatlosigkeit. Ein zweites Thema, Arbeit, Prekarisierung von Arbeit, Geldreichtum. Ein drittes Thema ist Körperverwertung, Körpern, Geschlecht und Körper. Ein viertes Thema ist Gewalt gegen Frauen und Krieg. Fünftes Thema ist Politik und Widerstand, wo fängt der Widerstand an gegen die Ungleichheit im Geschlechterverhältnis. Ein sechstes Thema ist Intersektionalität, also wie verbindet sich Geschlechterungleichheit mit ethnischer Differenz und Alter und Sexualisierung. Dies sind Themen, die aus diesen Veränderungen kommen und auch aus künstlerischen Projekten gewonnen werden können. Diese Themen tauchen in der Diskursschiene auf und werden von wissenschaftlicher und künstlerischen Sichtweisen diskutiert.

prok- Es wurden viele Fragen aufgeworfen. Wir haben Zeit dies zu diskutieren. Eine erste Idee, mir fällt auf, dass es im Feminismus immer enger wird. Der Verband feministischer Wissenschaftlerinnen haben immer wieder die Idee, holen wir doch Künstlerinnen.
Ich habe beobachtet, dass in der Kunst die feministische Szene lebendiger ist. Das ist interessant. In der Wissenschaft geht es stark in Genderrichtung und die feministischen Ansätze sind verschwunden. Wo siehst du die feministische Entwicklung?

birgit- Ich würde es nicht so negativ sehen, für mich ist die Frage von Gender nicht unbedingt ein Widerspruch zur Frage von Feminismus. Wenn ich von Herrschaft zwischen den Geschlechtern, geht es um Machtverhältnisse. Und in der politischen Ebene muss es um den Abbau von Herrschaft zwischen Männer und Frauen gehen. Sie stellt sich immer neu her. So wäre das kein Wiederspruch, sondern die Frage ist, wie kann man viel Autonomie erreichen und Herrschaft loswerden. Ich sehe das Problem. Ja, wenn man sagt, man muss diese und jene Struktur dazu denken, dann verliert man diese Perspektive. Aber ich sehe keine.
Ich weiß, ich bin privilegiert, man muss mitdenken, ich bin weiss, ich lebe in einem Sozialstaat und ich arbeite an der Uni. Man muss das mitdenken.

margit- Du hast gesagt, dass es in der Kunst es mehr Feminismus gibt. Ich würde es so nicht sagen, wir haben einen verschleierten Blick. Dieses Haus gibt es nur einmal in der Welt. Ich komme vom Theater und wenn man bedenkt, was da im Hochkulturbereich und in der Subkultur viel an herrschenden Geschlechterverhältnisse reproduziert und verankert und wie unbewusst das ist. Das ist ganz erstaunlich. Die Erfahrung vom Aufbau des Kosmostheaters. Es war schwierig, Gleichgesinnte zu finden. Welche zu finden, die sich trauen deklariert feministisch aufzutreten. Der Theaterbereich und in der Performance bemerkt man es. Man merkt wie vom Soloprogramm bis zur Oper, die Frauen verschwinden.

prok- Diese Prekarisierung ist sehr stark.

barbara- Es gibt ja auch feministische Männer.

prok- Das mit der ich- ag, diese große Falle. Dass man sich ständig neu definiert. Der Begriff Lebensstilpakete, der Habitus geht verloren, jeden Tag macht man ein neues Paket, alles wird instrumentalisiert. Wie ist das hier beim Festival?
Welche Produktionen habt ihr?

margit- In diesen kleinen Gruppen sind künstlerische mehr Frauen und mehr Inhalte. Es gibt viele Performances von Einzelfrauen.
In den 200 Einreichungen, sah an, dass sehr viele einzelne Frauen eingereicht haben und das spiegelt die Machtverhältnisse.
Eine große Produktion kostet mehr Geld, als eine Einzelperson Produktion. Man sieht, dass Geld ist, wo Macht und Herrschaft ist.
Es geht darum, neue Entwürfe zu finden, Gegenentwürfe zu dem was im üblichen Kulturbetrieb angeboten wird.

prok- Speziell in den Medien, im Film,… der ist männlich strukturiert. Ich habe begonnen, zu forschen, warum feministische Ansätze im Film schwer zu verwirklichen sind. Aber in der Kunst gibt es Nischen. Hier sind Theater und Performance, und das Medium ist ein wichtiger Faktor und auch der Rückzug vom Staat aus der Förderung.

margit- Ich finde es ganz spannend,… es sind zwei Künstlerinnen hier, vielleicht können sie kurz über ihre Bedingungen sprechen.

malgor- Also, ich bin eine Migrantin, warum habe ich angefangen? Ich wollte wissen wie andere Frauen hier, was erwarten sie und wie fühlen sie sich? Wichtig für mich ist dieser Ausgangspunkt. Warum geht man wo weg? Man hat eine bessere Vorstellung von einer besserer Welt, die Initiative etwas ändern zu wollen, wobei man immer wieder scheitert. Wo bin ich jetzt? Es ist relevant, was wollte ich machen und was habe ich. Es ist komplex. Frauen und Arbeitsmigration. Immer dabei scheitern.

margit- Mir hat bei deinem Ansatz so gut gefallen, das es die Chancen gibt, neue Biographien zu machen. Die Frauen sind nicht Opfer, sondern können sich neu in Situationen positionieren.

birgit- Die Frage der Migration gibt es in unterschiedlichen Rollen. Nicht nur Europa, das West- Ost ist vergleichsweise neu.
Es ist spannend, dass Migration feminisiert wird in letzter Zeit. Frauen sind oft Pionierinnen. Ich war in Ljubljana bei einem Workshop über Frauenhandel, dort waren auch NGOs, diese machten klar, dass Frauen Opfer von Kriminalität und aber zugleich in der Lage sind, sich neu zu entwerfen. Sklaverei ist grausam, aber dort kann man auch neue Räume entwerfen.

au- Sie wollen aber nicht Frauenhandel beschönigen und sagen, dass es eine Chance ist, oder?

birgit- Die Frauen sind traumatisiert. NGOs beraten nur, aber wenn man es sah, wenn man es schafft mit Frauen zu sprechen, sieht man, dass es spannend ist. Sie sind nicht nur Opfer. Es ist zu kurz, entspricht nicht was Frauen können.

au- Sicher, aber sie sind sich dem nicht bewusst.

malgor- Ich habe darüber gesprochen, es sind nicht Opfer, sondern sie sind betroffen vom Frauenhandel, das ist nicht das Gleiche, sie sind nicht Opfer, sondern betroffen. Opfer sein ist wie sich aufgeben, aber sie kämpfen um rauszukommen.
Es ist immer ein Kampf und eine Auseinandersetzung.

prok- Auch maiz (?) setzen sich stark damit auseinander, mit dem Sexhandel. Frauen wehren sich gegen den Opferbegriff.

malgor- Wenn man mit betroffenen Frauen spricht, sie sagen, ich bin nicht Opfer, sondern von der Situation betroffen.

margit- Es ist ganz wichtig, in ihrer frage ist so Haltung erkennbar, dieses “die wissen ja gar nichts“. Man nimmt von den Frauen an, dass sie naiv sind. Wenn man es größer sieht, ist es nicht die Mehrzahl der Frauen.

au- Ist das eine positive Form der Migration?

birgit- Nein, es ist ein Verbrechen gegen ein Menschenrecht der Frauen, nichts positives. Das interessante ist, dass Frauen nicht da sitzen und sagen, ich lass mir alles gefallen.

karen- Es geht um die Frage, wie man darüber redet.

Au- Jedes Verbrechen fordert Opfer, aber das heißt nicht, dass man ein Leben lang handlungsunfähig ist.

birgit- Aber man muss es auch sehen im Kontext, mit wem haben sie es zu tun? Früher, bevor die Länder die Palermo- Vereinbarung unterschrieben haben, dort waren sie illegal und Kriminelle, man hat versucht sie abzuschieben. Es geht um Perspektiven, es gibt unterschiedliche Phasen. Der Gesetzgeber hat gesagt, ok, man behandelt sie als Opfer, aber aus der Berater Position.
Aber es ist wichtig, sie sind nicht nur Opfer, sondern auch Personen, die in dieser beschissenen Situation Selbstständigkeit entwickelt haben.

karen- Sehen sie andere Formen der Migration?

birgit- Es hat auch früher weibliche Migration gegeben. Die Krankenschwestern aus Südkorea zum Beispiel. Aber es ist ein statistischer Trend, das es gewachsen ist. Hier im Westen gibt es ein Frauenarbeitsmarkt. Hausarbeit zum Beispiel.

karen- Das kann man auch kritisch hinterfragen.
Zu den 5 punkten, die erwähnt wurden. Sind es Grenzbereiche? Gibt es Trends, global oder europäisch? Das habe ich nicht verstanden.

birgit- Diese Trends gehen nie in eine Richtung. Es gibt Nationalisierung und Internationalisierung. Die EU ist ein Bsp. für die Internationalisierung, Nafta, die Erweiterung der Uno, und gleichzeitig der Zerfall von Yugoslawien und die Gegenbewegung, die Nationalisierung. Es gibt Länder, wo der Staat immer schwach war, nicht wie in Europa. Die stattliche Regulierung ist ein Trend in europäischen Ländern, aber auch hier ist es selektiv. Was ich deutlich machen wollte, ist das sich Grenzen verschieben, um die Dynamik zu verstehen.

karen- Diese Grenzen gibt es schon seit mehreren Jahrhunderten, es ist ein Bereich, wo immer verschiedene Verschiebungen stattfinden.

birgit- Ja, aber es gibt Phasen in der Geschichte, wo die Dynamik verdichtet wird. Mit der Vernationalstaatlichung nach dem
2. Weltkrieg, die Ökonomische Abschottung. Aber es hat jetzt eine andere Dynamik. Es ist richtig, das diese Systeme immer in Bewegung sind, aber sie bewegen sich jetzt in eine andere Richtungen.

prok- Du hast ein Projekt erwähnt…

au- First I feel honoured to be part of this and be able to do a performance, I can mostly relate to private aspects, my work is everyday of what I had to do, in marriage, with children, make a living and be an artist. I come from a personal place, many women can relate to it. It reaches wide. It is frightening because I feel like I have to make this confession, because there is a lot of manipulation. I was driven to be an artist, but also marginalized. You don’t expect to be economically viable as a woman.
I actually fell more hope. That my life could come together. The work I do, just the way, the whole economic thing, it is very difficult.

prok- I think the borderline between private and economical is different for artists.

birgit- Es geht auch um die Arbeitsweise. In der Wissenschaft ist man immer gezwungen produktiv zu sein, in der Kunst ist man subjektiv. Es gibt unterschiedliche Anforderungen an die Arbeitsweise. Es ist sinnvoll das am Festival zum Thema zu machen.

prok- Ich kenne diese Arbeitsweise mich zu motivieren von der Kunst her und es hat mir in der freien Wissenschaft geholfen.
Jetzt wo die Wissenschaft durchlässiger ist wird sie auch neu strukturiert. Es geht auch um Selbstdefinition. Es ist toll dass eine Künstlerin sich selbst definiert.

barbara- Ja, ich bin Künstlerin aber habe auf 9 Seiten bestätigt bekommen, das ich keine Künstlerin bin, weil ich Managerin bin.
Ich habe sogar Kunst studiert, aber ich muss nicht künstlerisch sein, um Managerin zu sein.

margit- Das trifft auch auf die Wissenschaftlerinnen zu, weil sie vor lauter Papierkram und Managen nicht zum arbeiten kommen.

au- Ich studiere Medienkunst also auf dem Weg zur Künstlerin. Management ist sehr gefragt, vielleicht sollte man es an einen echten Manager abgeben. Und vielleicht selber künstlerisch arbeiten kann und vielleicht kommt dann das Geld wieder.

barbara- In diesem Bereich müssen alle für drei arbeiten.

prok- In den Unis lernt man aber auch schon die Management Fähigkeiten dazu.

barbara- Letztendlich sind alle Künstlerinnen ihre eigenen Managerinnen. Gerade im Performancebereich. Alle müssen ihre Bewerbung schreiben und so. Man kann nicht die Künstlerinnenidentität abschreiben, das ist absurd. Was wird dann gemanaged?

Karen- Mich würde die Auswahl aus den 200 Einsendungen interessieren. Wie ist sie abgelaufen?

margit- Wir haben einen Call for Projects gemacht und ziemlich breit ausgeschickt. Eine 10- köpfige Jury hat die Einsendungen geordnet, ein ranking erstellt. Jede Jurorin in ihrem Bereich. Dann gingen wir mit den Projekten zu den Organisationen im Bezirk und fragten sie was für sie interessant wäre.

barbara- Aber wir hatten vorher Vorraussetzungen. Es musste mindestens eine Frau in einer wichtigen Position sein und das Thema musste sich mit „her position in transition“ befassen, was ein weites Thema ist. Es gab dann gemeinsame Kriterien der Jury aber Qualität war nicht näher definiert. Aber es musste eine Mixtur geben. Viele verschiedene künstlerische und nicht- künstlerische Kriterien. Es überwiegt schon das Performative, und weniger Musik und so. Es wurde schon nach Sparten eingeteilt.
Die Kooperationspartner im Bezirk haben dann das für sie richtige Projekt ausgewählt.

prok- In der letzten Phase wurde die Diskursschiene entworfen, eher kurzfristig, daher sind keine internationale Stars hier. Und es war auch ein Problem der Finanzierung. Aber es werden leider nur mehr EU- Projekte finanziert. Die Diskursschiene soll ja eigentlich zum Austausch zwischen Künstlerinnen anregen.

barbara- Ich hätte gerne noch den Blog erklärt.

prok- Wir haben jeden Abend eine Protokollantin, die ein Protokoll und eine Kurzzusammenfassung ins Netz stellt. Wir werden auch versuchen das zu publizieren.

barbara- Können sich auch Menschen von außerhalb einbringen?

margit- Man kann mails in den Webblog schicken, aber es ist nicht möglich das ganze zu moderieren.

barbara- Kommentare?

margit- Die Adresse steht im Webblog.

prok- Man kann solche Dinge auch in Bezug auf Sicherheit nicht so leicht öffentlich machen. Feedback ist aber herzlich willkommen.
Gibt’s noch Fragen? Sonst danke ich Ihnen für die Diskussion.

Ende

Abstract von Birgit Sauer

Transformation - Globalisierung – Restrukturierung und Geschlechterverhältnisse
Birgit Sauer


Seit dem Jahr 1989 sind Gesellschaften und Staaten sowie Menschen, Männer und Frauen, mit ganz grundlegenden Transformationen konfrontiert- Diese Veränderungen werden unter den Stichworten Globalisierung, Neoliberalismus, Erosion von (National-)Staatlichkeit oder Ende der Politik diskutiert. Der Abbau von Sozialstaatlichkeit in westeuropäischen Staaten, die Durchkapitalisierung der Welt, neue ökonomische und politische Zentren, die Konstruktion von neuen Peripherien sowie neue Kriege und Feindbilder sind Ausdruck und Folge dieser Veränderungen. Vielfach scheint der ökonomische Sachzwang zum neuen Herrscher über die Welt und die Menschen geworden zu sein.

Diese Veränderungen haben weltweit nicht nur Auswirkungen auf das Leben von Frauen und Männer bzw. auf Geschlechterverhältnisse. Die Arrangements zwischen Männern und Frauen – so unterschiedlich sie jeweils sind auf dem Globus – verändern sich - und zwar nicht allein in Folge ökonomischer, kultureller und politischer Umwälzungen, sondern die Geschlechterarrangements sind selbst Teil und Katalysator dieser Veränderungsprozesse.

Wo bzw. wie nun ist die Position von Frauen in diesen Transformationen? Wie lassen sich diese Prozesse im Kontext von Geschlechterverhältnissen analysieren, beschreiben und auf den Begriff bringen? Frauen nur als Opfer weltweiter neoliberaler Globalisierungsprozesse zu zeichnen, wäre eine gefährliche politische Verkürzung und wissenschaftliche Reduzierung. Ohne Zweifel sind Frauen in spezifischer bzw. anderer Weise als Männer von diesen globalen Veränderungen betroffen. Der Abbau sozial- und gleichstellungspolitischer Regelungen in den Ländern des Nordens beispielsweise erfolgt vielfach zu Lasten von Frauen, die Transformation der einst realsozialistischen Staaten Osteuropas lastet die private »Übergangsarbeit« Frauen auf, die Ausdehnung kapitalistischer Produktionsweisen in die so genannten »freien Produktionszonen« in Länder des Südens setzt die Arbeitskraft (meist junger und noch unverheirateter) Frauen »in Wert«, macht sie damit ausbeutbar oder zwingt andere zur Migration. Doch die globalen Marktverhältnisse generiert auch Frauengruppen – in den Ländern des Nordens wie des Südens – zu den (wenn auch oft nur zeitweisen) »Gewinnerinnen« dieser Transformationsprozesse.

Aktuelle Transformationsprozesse – die Entgrenzung von Nationalstaaten durch medial-kommunikative Vernetzung und Migrationsbewegungen, die Internationalisierung politischer Entscheidungsorgane sowie die Verringerung räumlicher und zeitlicher Distanzen durch rasche Interaktionsmedien, die weltweite Ausdehnung kapitalistischer Produktionsweise und die Integration von immer mehr Regionen der Welt in das kapitalistische Marktsystem – sind ungleichzeitige Prozesse, die je nach Ort und Zeit unterschiedliche und ambivalente Konsequenzen für das Leben und Arbeiten von Frauen, für politische Solidarisierungs- und Handlungsformen, für das politische Tätigwerden von Frauen haben. Bieten diese Veränderungen also Chancen zur Veränderung patriarchaler Arbeitsverhältnisse und der geschlechtshierarchischen Arbeitsteilung oder ist die Prekarisierung voin Arbeit der neue Normalfall weltweit? Müssen die Menschen alle flexibel, mobil sein und das Leben immer mehr als Risiko empfinden, für das sie selbst und alleine verantwortlich sind? Öffnen sich Möglichkeiten, maskulinistische Staaten und Institutionen frauenfreundlicher und geschlechterdemokratischer zu gestalten? Oder sind die BürgerInnen nur mehr KonsumentInnen von staatlichen (bzw. privatisierten) Dienstleistungen? Diese Fragen sind offen, wir befinden uns in einem Übergang, in einem Korridor, dessen Ende nicht in Sicht ist.

Bieten die »Turning-Points« globalen Wandels Möglichkeiten und Anlässe zur »Entverselbstverständlichung« androzentrischer Strukturen in der Ökonomie, der Politik, der Kultur, im Denken, Fühlen und Handeln von Frauen wie auch von Männern? Oder weisen die aktuellen Transformationsprozesse eine Tendenz zur Re-Strukturierung, zur Wiederherstellung patriarchaler Herrschaftsformen in anderem Gewand auf? Wo wären Eingriffs-, Widerspruchs- und Widerstandsmöglichkeiten von Frauen dagegen? Ist frauenbewegte Repolitisierung möglich?

Die Dynamik des Globalisierungsprozesses kann prinzipiell in Richtung Ver- und Entgeschlechtlichung laufen, sie kann die Auflösung von geschlechtlichen Zuschreibungen wie auch neue Sedimentierungen und Kristallisierungen von Männlichkeit und Weiblichkeit – insbesondere entlang der Linien von Klasse und Ethnie – zur Folge haben. In der Tat werden neue Differenzierungs- und Politisierungsstrategien von oben entworfen und relevant: Ökonomische, soziale und klassenspezifische Unterschiede zwischen Frauen werden größer, und die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung wird kulturell und ethnisch überlagert. Schlecht bezahlte Arbeit in den Metropolen wird zunehmen "rassisiert".


In den Länden des Nordens wird die Frauenbewegung seit der vergangenen Dekade »tot geredet«. Doch ist das »Ende« der Frauenbewegung nicht eher der Beginn neuer Organisations- und Handlungsformen? Ohne Zweifel hatten und haben die Frauenbewegungen in den westlichen Demokratien ihre eigenen Begrenzungen und Ausschließungsmechanismen geschaffen. Vor allem aber haben feministische Diskurse den Prozess der Defragmentierung und Individualisierung von Frauen be

Monday, 6. March 2006

Discourse

HPITlogo_web72dpi

At the festival center KosmosTheater
March 6 - 17 from 5 pm to 7 pm and March 11 from 12 pm - 2 pm
closing discourse at the Depot March 18 at 12 pm

her position in transition sets out to bring women scientists and artists together and get them into dialogue.

her position in transition offers two weeks long Monday to Saturday, together with international women artists and lecturers, a forum for discussion and networking ­ around topics like power relations, working styles, body politics, violence, resistance and many more.

Concept: Birgit Sauer, Katharina Pewny, Margit Niederhuber
Coordination: Sabine Prokop
Moderated by: Katharina Pewny, Sabine Prokop

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Status

Online for 6649 days
Last update: 10. Aug, 18:02

Discourse Programme

Wednesday - March 8, 2006, 5:00 - 7:00 pm Moderation: Sabine Prokop Petra Unger: Das sichtbare Unsichtbare Feminist aspect of art and cultural intermediation in museums and in public space In dialog with Lise Skou/Denmark (This is a story of a woman who...)

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